Freitag, 24. September 2010, 10:00 bis 17:00, Helle Panke, Kopenhagener Str. 9, 10437 Berlin

Vom Erbe des deutschen Realismus des 19. Jahrhunderts

Konferenzreihe "Literatur und Gesellschaft"

Internationale Tagung anlässlich des 200. Geburtstags von Fritz Reuter (7.11.2010) und des 100. Todestags von Wilhelm Raabe (am 15.11.2010)

Veranstaltet vom Verein „Helle Panke“ e.V. – Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin in Verbindung mit der Fritz Reuter Gesellschaft e. V.

Im November 2010 liegen zwei Gedenktage dicht beieinander, die Anlass bieten, über Schriftsteller nachzudenken, die auf ihre Weise die Gedanken der Revolution und der Demokratie im 19. Jahrhundert stark gefördert haben, wofür ihnen erhebliche Opfer abverlangt wurden. Das schriftstellerische Erbe beider Autoren, Reuters wie Raabes, zählt in Deutschland zum Grundstock des literarischen Realismus, und es ist, wie die Autoren selber, vielfältiger Legendenbildung ausgesetzt gewesen. In Wahrheit waren sie beide Dichter mit einem in der Wolle gefärbten gesellschaftskritischen Werk hohen Ranges.

Reuter musste seiner demokratischen Einstellung wegen das Todesurteil hinnehmen, und auch die Umwandlung der Strafe in Festungshaft, wovon er sieben Jahre meist auf preußischen Festungen abbüßte, war kein Kinderspiel, sondern mit Isolierhaft und grausamen Entbehrungen verbunden. Doch ließ er sich seine demokratische Grundanschauung niemals rauben, und er drückte sie in seinem später entstehenden dichterischen Werk vielfach aus. Durch dies wurde er in seiner Zeit zum gefeiertsten Dichter Deutschlands.

Seinem Zeitgenossen Raabe gestatteten die Literaturverhältnisse im Reich nur ein Literatendasein am Rande der Gesellschaft, oft mit kaum dem Existenzminimum seiner Familie. Ihm – der mit heutigen Begriffen auf dem linken Flügel des damaligen Bürgertums stand – bildeten die Revolutionen und ‚Revolutionen des Geistes’ die Grundfakten der europäischen Geschichte, die er in seinen wichtigsten Dichtungen würdigt.

Neben den Jubilaren des Jahres 2010 zählen zu dem bedeutenden Erbe des Realismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch so hervorragende Autoren wie der Berliner Willibald Alexis und Theodor Fontane, des Novellendichters Storm, der Schweizer Gottfried Keller, Jeremias Gotthelf und Conrad Ferdinand Meyer, der Österreicher Stifter, Ferdinand von Saar und Ludwig Anzengruber. Nicht zu vergessen ist der Frauenanteil, denn Schriftstellerinnen wie Marie von Ebner-Eschenbach, Louise von François und Gabriele Reuter trugen mit vorzüglicher Epik zum Realismus bei.

In der hier vorgeschlagenen Tagung soll versucht werden, Grundprobleme des deutschen Realismus zu durchdenken, eine Auswahl wichtiger Autorinnen und Autoren vorzustellen und einige charakteristische Werke zu interpretieren. Der Schwerpunkt liegt auf der literarischen Hinterlassenschaft der nordddeutschen Realisten der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Reuter, Raabe, Fontane).

Ablauf

10.00 Uhr Eröffnung und Einführung
Dr. Wolfgang Beutin (Stormarn)

Vorträge:
Dr. Gerhard Wagner (Berlin)
Warum Realismus? Kulturelle Kontexte einer Jahrhundertfrage

Prof. Dr. Jost Hermand (USA)
Realisten, Parvenüs, Genies – Künstler der Gründerzeit

Dr. Christian Bunners (Berlin)
Poesie für die Unterliegenden Zum 200. Geburtstag des Dichters und Demokraten Fritz Reuter

Hartwig Suhrbier (Frechen)
Komplimente für den Kollegen. Zur Reuter-Rezeption von Wilhelm Raabe

Dr. Wolfgang Beutin
Demokratie und Revolution in Wilhelm Raabes Stuttgarter Trilogie

Heidi Beutin (Stormarn)
"Wir wollen ein Reich gründen, darin es weder Überfluß noch Armut, nicht Herrschaft noch Knechtschaft gibt." – Marie von Ebner-Eschenbachs Sozialutopie in der Erzählung "Der Kreisphysikus"

Prof. Dr. Thomas Höhle (Magdeburg)
Helvetische Demokratie im Werk Gottfried Kellers

Klaus-Peter Möller (Potsdam)
Politischer Schlingerkurs und poetische Konstanz bei Fontane

Jürgen Schneider (Hamburg)
Theodor Fontanes Unwiederbringlich. Zur Psychopathologie des Alltäglichen und ihrer ästhetischen Vermittlung

Schlussbemerkungen Dr. Wolfgang Beutin
Moderation: Daniel Küchenmeister

Konferenzbericht über die Tagung "Vom Erbe des literarischen Realismus des 19. Jahrhunderts" von Bernd Jörg Diebner ist schienen in: De Kennung. Zeitschrift für plattdeutsche Gemeindearbeit. 34(2011)1/2, S. 165-166.

Fritz Reuter Gesellschaft e. V.

Kosten: 5 Euro

Wo?

Helle Panke
Kopenhagener Str. 9
10437 Berlin