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Heft 125: Berlin: "Werkstatt der Einheit"?

Hoffnungen – Alternativen – Realitäten

Von: Wolfram Adolphi, Uwe Doering, Hans Modrow, Peter-Rudolf Zotl (Beiträge eines workshops)

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Reihe "hefte zur ddr-geschichte", Heft 125, 2011, 40 S., A5, 3 Euro plus Versand

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INHALT

Vorbemerkung von Klaus Steinitz

Hans Modrow - Die weltpolitische Rolle West- und Ost-Berlins und die Spezifik des Vereinigungsprozesses in der deutschen Hauptstadt

Wolfram Adolphi - Es gab immer Alternativen: Artikel 23 oder 146 Grundgesetz?

Uwe Doering - Hoffnungen und Realitäten: Was Westberlin gebraucht hätte und was Westberlin bekommen hat

Peter-Rudolf Zotl - "Werkstatt der Einheit": Realitäten und Alternativen

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LESEPROBE

Vorbemerkung

In diesem Heft sind die Vorträge enthalten, die auf dem Workshop der Hellen Panke zum Thema: Berlin: Werkstatt der Einheit? gehalten wurden. Mit dieser Veranstaltung, die bewusst in einem zeitlichen Abstand zu den zahlreichen öffentlichen und offiziellen Veranstaltungen zur Würdigung der vor zwanzig Jahren vollzogenen staatlichen Vereinigung von DDR und BRD stattfand, sollte ein kritisch-bilanzierendes Nachdenken über den Weg, die Langzeitwirkungen sowie über damals mögliche Alternativen der deutsch-deutschen Vereinigung im geteilten Berlin befördert werden.

In diesem Heft sind die Vorträge enthalten, die auf dem Workshop der Hellen Panke zum Thema: Berlin: Werkstatt der Einheit? gehalten wurden. Mit dieser Veranstaltung, die bewusst in einem zeitlichen Abstand zu den zahlreichen öffentlichen und offiziellen Veranstaltungen zur Würdigung der vor zwanzig Jahren vollzogenen staatlichen Vereinigung von DDR und BRD stattfand, sollte ein kritisch-bilanzierendes Nachdenken über den Weg, die Langzeitwirkungen sowie über damals mögliche Alternativen der deutsch-deutschen Vereinigung im geteilten Berlin befördert werden.

Die politischen, ökonomischen und sozialen Prozesse der Vereinigung der beiden Teile Berlins werden durch einige wesentliche Besonderheiten und Eigenheiten gekennzeichnet, die es zweckmäßig machen, sie etwas tiefer zu analysieren.

Berlin erhielt nach dem Sieg der Alliierten einen besonderen Vier-Mächte-Status, der einen weitreichenden Einfluss auf faktisch alle Aspekte der Entwicklung Berlins und ihrer beiden Teile, Ostberlin und Westberlin, bis zur staatlichen Vereinigung im Herbst 1990 ausübte.

Berlin spielte eine herausragende Rolle in der Ost-West-Konfrontation und im Kalten Krieg. Westberlin erhielt Milliarden Subventionen, um es als Schaufenster des Westens attraktiv zu machen. Diese Subventionen waren eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung der Westberliner Wirtschaft und für die Arbeitsplätze. Ostberlin, das als Hauptstadt der DDR fungierte, erhielt eine privilegierte Stellung gegenüber allen anderen Bezirken der DDR, die sich besonders in der Konzentration der Baukapazitäten der DDR auf Berlin, die für den Wohnungsbau und repräsentative Gebäude eingesetzt wurden, und in der bevorzugten Versorgung der Bevölkerung Berlins zeigten.

Die Ost-West-Spaltung, die sich insbesondere in der befestigten und militärisch stark gesicherten Grenze zwischen den Staaten des Warschauer Vertrages und den NATO-Staaten, die quer durch Europa verlief, manifestierte, erhielt durch die Berliner Mauer (1961) ihr wichtigstes und öffentlich wirksamstes Symbol.

Mit der staatlichen Vereinigung, die als Beitritt der DDR zur Bundesrepublik vollzogen wurde, veränderten sich die auf dem Territorium der DDR bestehenden Länder nicht, d.h. diese gingen als neue Bundesländer in das Staatsgefüge der Bundesrepublik Deutschland ein. Im Unterschied hierzu war mit der Vereinigung Deutschlands die Überwindung der Teilung der Stadt Berlin und die Entstehung eines neuen Bundeslandes verbunden, in dem eine de facto zum Westen gehörende Stadt mit der damaligen DDR-Hauptstadt, bei Sicherung der Dominanz und Übertragung der in Westberlin existierenden Verhältnisse auf Ostberlin, vereinigt wurde. Das war natürlich mit prägend für die weitere Entwicklung Berlins seit 1990.

Die Autoren der Beiträge in diesem Heft waren alle zur Endzeit der DDR und in der Zeit der Vorbereitung der Vereinigung Berlins in politisch verantwortlichen Funktionen tätig und traten aktiv dafür ein, dass die Vereinigung der beiden Teile Berlins möglichst gleichberechtigt und zukunftsorientiert erfolgen sollte. Hans Modrow war vom November 1989 bis März 1990 Ministerpräsident der DDR und wurde 1990 zum Ehrenvorsitzender der PDS gewählt. Wolfram Adolphi war 1990/1991 Vorsitzender der PDS Berlin und Mitglied der Stadtverordnetenversammlung von Berlin-Ost bzw. des Abgeordnetenhauses von Berlin. Uwe Doering war bis 1989 ehrenamtliches Mitglied im Büro des Parteivorstandes der SEW und übte längere Zeit die Funktion eines Betriebsrats- bzw. Gesamtbetriebsratsvorsitzenden bei der AEG in Berlin bzw. zuvor in Westberlin aus. Peter-Rudolf Zotl war Ende 1989 und 1990 Sekretär der Bezirksleitung Berlin der SED bzw. stellvertretender Vorsitzender der PDS Berlin, 1990 Vorsitzender der PDS-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung von Berlin-Ost und danach im Abgeordnetenhaus von Berlin. (Weitere Angaben zu den Autoren am Ende des Hefts)

Einen wichtigen Platz nehmen in dem Heft die möglichen Wege zur Einheit Berlins ein. Im Einigungsvertrag wurde nicht festgelegt, dass Ostberlin Westberlin beizutreten habe, sondern dort hieß es in Artikel 1 Absatz 2: "Die 23 Bezirke Berlins bilden das Land Berlin." Das ließ beide Varianten zu: die Übertragung des deutsch-deutschen Beitrittsmodells auf Berlin oder die faktische Bildung eines neuen Bundeslandes. Es bestand somit die Möglichkeit, die für die Zukunft, insbesondere für ein erfolgreiches Zusammenwachsen von Ost- und Westberlin, günstigere Variante der Herausbildung eines neuen Bundeslandes zu gehen. Diese Chance wurden mit der politischen Entscheidung, dass Ostberlin faktisch Westberlin beitrat, bewusst verspielt. Die Nichtnutzung dieser Chance brachte fatale Langzeitwirkungen mit sich, die sich bis heute negativ auswirken und die zum großen Teil irreversibel sind.

In den Beiträgen wird gezeigt, dass die Wiedervereinigung Berlins lediglich als Fortführung Westberlins in den Dimensionen der Gesamtstadt betreiben zu wollen, nicht aufgehen konnte, denn für die Weiterführung des entwicklungspolitischen Grundkonzepts Westberlins waren die Bedingungen weggefallen. Nach dem Ende der Systemauseinandersetzung bestand für den Westen keinerlei Notwendigkeit mehr, Westberlin umfassend zu alimentieren, denn das aufgepäppelte Westberlin war – siehe Beitrag von Hans Modrow – ein Kind dieser Systemauseinandersetzung, und die war nun vorbei.

Klaus Steinitz

  • Preis: 4.00 €