Dienstag, 23. Januar 2024, 19:00 bis 21:00, Helle Panke e.V. – Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin, Kopenhagener Str. 9, 10437 Berlin

Zur innerlinken Kritik am Antisemitismus in der politischen Linken der Weimarer Republik

Vielfalt sozialistischen Denkens

Antisemitismus in der politischen Linken wurde nicht erst nach 1945 zum Thema. Die Kritik daran ist so alt wie die Sache selbst. In der Weimarer Republik waren es ehemalige Gründungsmitglieder der KPD wie Franz Pfemfert oder Anarchosyndikalisten wie Rudolf Rocker, die die antisemitische Agitation während des Schlageter-Kurses kritisierten. Mitte der 1920er Jahre warnte Clara Zetkin auf dem Parteitag der KPD vor judenfeindlichen Stimmungen an der Basis. 1929 erschien im Zentralorgan der um Heinrich Brandler und August Thalheimer gebildeten KPD-Opposition eine der ersten radikalen Kritiken des Antizionismus der KPD. Mit ihrer Kritik knüpften die anarchistischen und kommunistischen Linken an Interventionen von Rosa Luxemburg oder Leo Trotzki an und reflektierten zugleich die Entwicklung in Russland nach der bolschewistischen Revolution. Marx' Anspruch, "alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist", schloss für sie den Kampf gegen Antisemitismus auch in den eigenen Reihen mit ein. Ihre Kritik kam nicht nur Jahrzehnte vor der innerlinken Debatte über Antisemitismus von links, Luxemburg und Pfemfert nahmen auch Argumente der späteren antinationalen und antideutschen Linken vorweg.
 

Dr. Olaf Kistenmacher arbeitet als Buchautor und Journalist. Er promovierte mit der Studie Arbeit und »jüdisches Kapital«. Antisemitische Aussagen in der KPD-Tageszeitung Die Rote Fahne während der Weimarer Republik. Mit Hans-Joachim Hahn gab er die beiden Sammelbände Beschreibungsversuche der Judenfeindschaft heraus, die sich mit der Antisemitismusforschung vor 1945 beschäftigen.

Anschließend stellt Prof. Mario Keßler seine jüngsten Publikationen zum Thema vor: "Sozialisten gegen Antisemitismus" (Hamburg: VSA, 2022) sowie den von ihm edierten Band mit den Schriften Leo Trotzkis zum Antisemitismus (Berlin: Karl Dietz, 2022). Er wird der Frage nachgehen, wie stark die antisemitische Versuchung im Antikapitalismus der Arbeiterbewegung war, und inwiefern die Antwort darauf unsere Suche nach dem Platz der Arbeiterbewegung in der Geschichte bestimmt. Diese Antwort hängt dabei von der zeitlichen Perspektive ab: Sie fällt für 1933 anders aus als für 1945, für 1989 anders als heute - Mario Keßlers wird diese Perspektiven kurz auszuleuchten.

Prof. Mario Keßler ist Senior Fellow am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam.

Moderation: Dr. Frank Engster

Kosten: 2,00 Euro

Wo?

Helle Panke e.V. – Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin
Kopenhagener Str. 9
10437 Berlin