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Heft 119: Die Geburt eines neuen Deutschlands

Chancen und Probleme

Von: Rolf Badstübner, Günter Benser, Stefan Bollinger, Stefan Doernberg und Siegfried Prokop (Konferenzbeiträge)

Reihe "hefte zur ddr-geschichte", Heft 119, 2009, 64 S., A5, 3 Euro plus Versand

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Reihe "hefte zur ddr-geschichte", Heft 119, 2009, 64 S., A5, 3 Euro plus Versand

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INHALT

Stefan Bollinger
DDR-Geschichte – Zugänge in Person und Zeit

Stefan Bollinger
Ein neues, ein anderes Deutschland sollte es sein

Stefan Doernberg
Erfahrungen und Lehren aus den Anfängen der DDR-Geschichte

Rolf Badstübner
Die "Geburt eines neuen Deutschland" und die Anfänge der Zeitgeschichtsschreibung

Günter Benser
Zum Selbstverständnis der DDR und der Suche nach ihrem Platz in der Geschichte

Siegfried Prokop
Was wurde aus den Erfahrungen des Anfangs?
SBZ und DDR 1945–49 – deutsche Erfahrungen und sowjetische Modelle

Stefan Doernberg
Historische Dimensionen der zweiten deutschen Novemberrevolution 58

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LESEPROBE

Einleitung

Stefan Bollinger
DDR-Geschichte – Zugänge in Person und Zeit

60 Jahre doppelte deutsche Staatsgründung und 20 Jahre Beginn des Endes des zweiten Deutschlands, der DDR, sind Anlass, sich nochmals des Anfangs eines alternativen, antifaschistischen, antiimperialistischen und auf Frieden orientierten Weges im Osten zu versichern. Die Erwartungen an die DDR waren hoch, das Engagement der Gründergeneration war groß. Nicht wenige, die sich aus den Verstrickungen des Faschismus befreit hatten, verbanden mit diesem Neuanfang Erwartungen. Waren sie berechtigt, warum zerstoben sie? Wo lagen die frühen Ursachen für eine lange stabile Entwicklung, in der aber der emanzipatorische Anspruch des Sozialismus schwand und dieser Staat statt erneuert abgewickelt wurde? Die Geschichte der DDR sollte nicht vorrangig oder gar ausschließlich von ihrem Ende, sondern nicht weniger von ihrem Anfang, Anliegen und ihrem internationalen Image her befragt werden. Das schließt ein kritisches Herangehen, auch in seinem jeweiligen konkret-historischen Bezug nicht aus, macht es sogar erforderlich, und aus dem heutigen Abstand auch leichter.

Unsere Veranstaltung greift nicht nur in die Auseinandersetzung um Geschichtspolitik ein, um zu versuchen, jene Alternativen und Chancen zu retten, gegen die gradlinig antisozialistische Stoßrichtung der obsiegenden bürgerlichen Geschichtsbetrachtung. Es ist auch eine Veranstaltung, die einen der frühen DDR-Zeithistoriker und Politiker würdigen will, der am 21. Juni 2009 seinen 85. Geburtstag begehen konnte. Hier sind heute Vertreter der DDR-Geschichtsschreibung, nun selbst Zeitzeugen eines nicht mehr existierenden Staates und seiner Gesellschaftswissenschaften, zugange, aus denen Stefan Doernberg heraussticht. Alle haben sie ihre Geschichte in diesem Deutschland erlebt, haben sie als junge Leute – oft als Kriegsheimkehrer, oft als Studenten an der ABF in Auseinandersetzung mit der selbst erlebten Geschichte und Familiengeschichte vollzogen. Stefan Doernberg stand vor anderen Entscheidungen. Einen Tag nach seinem 17. Geburtstag musste der Jungkommunist im sowjetischen Exil sich entscheiden. Er erinnert sich in einer Publikation unseres Vereins: "Ich hatte mich mit 17 Jahren am 22. Juni 1941, am Tag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion, freiwillig zur Roten Armee gemeldet. Es war für mich eine ganz natürliche Entscheidung. Ich wollte meine neue Heimat verteidigen, in der ich zwar sehr Unterschiedliches erlebt hatte, die mir aber die Möglichkeit gegeben hatte, wenige Tage zuvor mein Abitur abzulegen. Zudem hoffte ich in den Reihen der Roten Armee auf kürzestem und schnellstem Weg in ein vom Faschismus befreites Deutschland zurückzukehren."

Er kam mit den Siegern und musste lernen, dass auch Befreier sein nicht einfach ist. Als sowjetischer Politoffizier, später als Journalist, dann als Historiker nahm er Anteil am Ringen um einen anderen Weg als den des Kapitalismus. Er half bei der Geburt eines neuen Deutschland, wie der Titel der ersten Geschichtsdarstellung des Weges zur DDR-Gründung hieß, den Doernberg auf der Grundlage seiner Dissertation 1959 publizierte, als er schon vier Jahre Lehrstuhlleiter für Allgemeine Geschichte am Institut für Geschichte war. Die revolutionäre antifaschistisch-demokratische Umwälzung, deren Fortsetzung als sozialistische Revolution hatte auch kaderpolitisch revolutionäre Konsequenzen.

Die DDR war sein Staat, ihn hat er in Schlüsselpositionen der Ideologie, nicht zuletzt als Zeithistoriker, bis in die 1970er Jahre mitgestaltet, bevor er in die Außenpolitik ging. Stefan Doernberg hat diese DDR mitgeprägt – mit ihren Vorzügen, aber auch ihren Konstruktionsfehlern. Ihr Untergang war sicher die bitterste politische Niederlage, die er erleben musste. Aber er hat auch im Umbruch nicht den Mund gehalten, sich politisch weiter engagiert, als Wissenschaftler und Politiker sich gegen die Auslöschung dieses Staates und dieses alternativen Gesellschaftsversuches gestellt. Nicht zuletzt auch hier bei der Hellen Panke, wo wir in unseren Annalen ihn wohl 27mal als Referent, Moderator, Gesprächspartner allein seit 1996 erleben konnten und sieben Monographien und Konferenzbeiträgen bei uns erschienen. Wir kennen ihn als streitbaren Diskussionspartner und wünschen uns und ihm, dass Gesundheit und Kreativität dies noch weitere Jahre ermöglichen werden.


  • Preis: 4.00 €