Samstag, 21. Februar 2009, 10:00 bis 16:30, Helle Panke, Kopenhagener Str. 9, 10437 Berlin

Die Finanz- und Systemkrise des Kapitalismus – Konsequenzen für linke Politik

Workshop

Die Finanzkrise, die Ausgangspunkt in der Immobilienblase in den USA Ihren hatte, hat sich zu einer globalen Krise ausgeweitet, die den Kapitalismus grundlegend erschüttert. Es handelt sich um eine Jahrhundertkrise, die in Ihren Dimensionen mit der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre vergleichbar ist, sich von ihr Jedoch in vielen Beziehungen unterscheidet.
Welche Folgen ergeben sich daraus für die weitere Entwicklung? Hat sich das Regime des deregulierten Finanzmarktkapitalismus selbst zersetzt und damit den "Tod des Neoliberalismus" (Hobsbawm) herbeigeführt? Zeichnen sich mit der Krise der Wall Street ein beschleunigter Niedergang der US-Hegemonie und ein "asiatisches Zeitalter" ab? Steuert die Europäische Union nach der Verfassungskrise nun in eine tiefe ökonomische und soziale Integrationskrise? Stehen wir erneut vor einem starken Anstieg der Massenarbeitslosigkeit?


Die Linke steht vor großen Herausforderungen. Ihre Grundsätzliche Kritik des Neoliberalismus hat sich als richtig erwiesen. Nun steht sie vor der Aufgabe, ihre Alternativen zu benennen. Dies betrifft vor allem die aktuellen Aufgaben für eine neue weltwirtschaftliche und europäische Finanzordnung im Interesse sozialer und Zukunftsfähiger Veränderungen des neoliberalen Kapitalismus, aber auch perspektivische Vorstellungen für eine sozialistische Alternative.


Der Workshop umfasst zwei Diskussionsblöcke:
1. Wie sind die Erschütterungen und Veränderungen des neoliberalen Kapitalismus im Gefolge der weltweiten Finanzkrise und Ihrer Auswirkungen auf die Realwirtschaft zu bewerten?
2. Welche Konsequenzen ergeben sich Hieraus für eine alternative, realistische und systemkritische Politik der Linken in Deutschland, in Europa und global?
Gemeinsam mit Wissentransfer

Richard Detje und Klaus Steinitz haben eine Konferenzbericht in der Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung geschrieben ([1]Nr. 78, Juni 2009, S. 194-197).

Außerdem hat Klaus Steinitz wiederum einen Artikel zur Z. Nr. 78 im ND vom 30.6.2009, S. 9, geschrieben:

Alternativen zum Finanzmarktkapitalismus. Neue Publikation befördert die linke Debatte, die noch längst nicht abgeschlossen ist.

Klaus Steinitz

Den Herausgebern und 13 Autoren des Juni-Hefts von »Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung«. ist es gelungen, eine kompakte Sammlung anregender Artikel zur gegenwärtigen Krise vorzulegen. Die aufgeworfenen Probleme befördern den weiteren Klärungsprozess unter den Linken.

Beeindruckend ist die Vielzahl der mit Sachkenntnis und gestützt auf empirisches Material analysierten Probleme. Sie reichen von den Ursachen, dem Verlauf und der Spezifik der gegenwärtigen gegenüber früheren Krisen über die psychologischen Aspekte der Krise und ihre Konsequenzen für die Aktionsfähigkeit der abhängig Beschäftigten, veränderte globale Bedingungen bis zu den für die Linke entscheidenden Fragen danach, ob die Zeit des Neoliberalismus und Finanzmarktkapitalismus vorüber ist, welche Alternativen vorzuschlagen sind und welche Realisierungschancen diese haben.

Leider bleibt ein Aspekt in fast allen Beiträgen unterbelichtet: die Umwelt und Klimakrise, ihre Widerspiegelung in den Besonderheiten der gegenwärtigen Krisen und ihre Berücksichtigung in den Alternativen zur Bekämpfung der Krisenfolgen. Eine Ausnahme macht nur der Beitrag von Andreas Fisahn.

Jörg Goldberg charakterisiert in seinem Einleitungsbeitrag vier Felder, auf denen gesellschaftliche Umbrüche notwendig wären bzw. sich schon abzeichnen: Rolle und Struktur der Finanzmärkte, veränderte Beziehungen zwischen Staat und Wirtschaft, Nationalstaat und Supranationalität sowie Ende der US-Hegemonie. Diese Felder werden in anderen Beiträgen vertieft, ohne dass heute schon definitive Antworten zu den Resultaten gegeben werden (können). Nur die Veränderung der globalen Kräfteverhältnisse infolge der Stärkung der Rolle Chinas und anderer Schwellenländer zeichnet sich schon deutlich ab.

Jörg Huffschmid geht davon aus, dass in der aktuellen Krise die Spekulation als wesentlicher Teil der Strategie des Finanzmarktkapitalismus zusammengebrochen und diskreditiert ist. Er weist aber zugleich darauf hin, dass es kaum Anzeichen für eine substanzielle politische und ökonomische Schwächung gibt. Ähnliche Auffassungen werden auch von anderen Autoren vertreten. Etwas

anders ist jedoch die Akzentuierung bei Lucas Zeise: »Da diese Mängel in der Krise so gravierend sind und zugleich so offen auftreten, kann man zu der Schlussfolgerung gelangen, die Herrschaft des Finanzkapitals sei angeknackst.«

Die Suche nach Alternativen, um die Grundstrukturen des Finanzmarktkapitalismus zu überwinden, sowie nach dazu erforderlichen Zwischenschritten erhalten in dem Heft den gebührenden Platz. Es wird nachgewiesen, dass es nicht reicht, immer wieder die Milderung der sozialen Folgen der Krise zu fordern. Langfristig kommt es darauf an, sich von einer Politik zu verabschieden, die bisher nur den Druck zur Vergrößerung privaten Geldvermögens durch Finanzspekulation erhöht, was die gegenwärtige Krise erst ermöglicht hat.

Die Autoren stimmen in den Forderungen weitgehend überein: Umverteilung der Einkommen, Verstaatlichung von Banken und Bereichen der Infrastruktur in enger Verflechtung mit ihrer Demokratisierung, eine neue Qualität gesellschaftlicher Regulierung der Wirtschaft, speziell der finanziellen Beziehungen, internationale Koordinierung der Maßnahmen und eine neue gerechte globale Finanzarchitektur. Die Vorschläge sind untereinander verflochten und gehen von einem längeren Zeithorizont aus. Und sie sind darauf gerichtet, die Dominanz der Finanzmärkte über die Realökonomie zu brechen und die Voraussetzungen für eine zukunftsorientierte Entwicklung von Arbeit und Wirtschaft im Interesse der Menschen zu erreichen.

Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung, Heft 78, Juni 2009, 237 S., brosch., 10 Euro.

WissenTRANSFER

Links:

  1. http://www.zeitschrift-marxistische-erneuerung.de/article/508.die-systemkrise-des-finanzmarktkapitalismus-konsequenzen-fuer-linke-politik-berlin-21-februar-2009.html
ReferentInnen: Horst Arenz (Fraktionsmitarbeiter, DIE LINKE), und Dr. Joachim Bischoff, (Hamburg, MdBü) Prof. Dr. Jörg Huffschmid (Bremen), Ulla Lötzer (MdB), Michael Wendl (ehem. stellv.. Vorsitzender ver.di-Bayern)
Leitung und Moderation: Richard Detje und Prof. Dr. Klaus Steinitz
Kosten: Eintritt: 5 Euro

Wo?

Helle Panke
Kopenhagener Str. 9
10437 Berlin