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Heft 202: 1945 - UN-Charta und Potsdamer Abkommen

Zwei Dokumente eines Demokratischen Völkerrechts, die die Völker der Welt vor militärischer Gewalt und Krieg und erneuter faschistischer Barbarei bewahren sollten

Von: Wolfgang Triebel

Heft 202: 1945 - UN-Charta und Potsdamer Abkommen

Reihe "Pankower Vorträge", Heft 202, 2016, 56 S.

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In diesem Heft veröffentlichen wir zwei Vorträge des Historikers Prof. Dr. sc. Wolfgang Triebel, die zwei zentrale Ereignisse des Jahres 1945 behandeln:

– die Zeit von April bis Juni 1945, in der die UN-Charta entstand und verabschiedet wurde

– die Potsdamer Konferenz im Juli/August 1945 mit der Unterzeichnung des Potsdamer Abkommens

Die Einordnung der völkerrechtlichen Dokumente verbindet der Autor mit der Darstellung wesentlicher Eckpunkte ihres Entstehungsprozesses und ihrer Wirkungsgeschichte.

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Autor
Wolfgang Triebel

Jg. 1930, Prof. Dr. sc. phil., Neulehrer, Studium Pädagogik, Germanistik, Geschichte an der Humboldt-Universität Berlin; ab 1968 Humboldt-Universität, 1971 Promotion (Theaterwissenschaft) an der HUB, 1979 Dr. sc. (Habilitation) über Theorie der internationalen Beziehungen an der Karl-Marx-Universität Leipzig; Hochschuldozent und Professor für Politikwissenschaft an der HUB; erzwungener Vorruhestand 1990, danach Forschung und Veröffentlichungen über deutsche Nachkriegsgeschichte, Aufbereitung des Nachlasses Otto Grotewohls über deutschen Militarismus und zur Friedenspolitik.

Veröffentlichungen u.a. Grotewohl und die Einheitspartei, Reden, Aufsätze, Interviews, Band 1: Mai 1945 bis Februar 1946, Band 2: Mai 1946 bis Januar 1949, Berlin 1994; Friedlich und antimilitaristisch. Gegen internationale Bundeswehreinsätze und weitere Militarisierung der Gesellschaft, 2. Aufl. Berlin 1998; Gelobt und geschmäht. Wer war Otto Grotewohl? Aufsätze und Interviews mit Zeitzeugen. Trafo verlag Berlin 1998; Helm ab zum Gebet! Militarismus und Militarisierung – ein deutsches Schicksal? trafo verlag Berlin 1999 (mit Ingomar Klein); Um des Friedens willen. Nachdenken über Wege in eine friedliche menschliche Gesellschaft. Karl Dietz Verlag Berlin 2000; hefte zur ddr-geschichte, Hrsg. v. der Hellen Panke e.V., u.a. Nr. 13 und 39 zum Wirken von Otto Grotewohl.

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INHALT

San Francisco 1945 – Gründungskonferenz der UNO
Vorgeschichte – Konferenzverlauf – UN-Charta
(Vortrag des Autors am 26. April 2016)
1. Zur Vorgeschichte der Gründung der UNO am 25. April 1945
2. Der Sicherheitsrat und seine Probleme mit Kap. VII der Charta
3. Die Agenda 2030 der 70. Generalversammlung der UNO 2015

Was bleibt vom Potsdamer Abkommen 1945?
Das Ringen um die Antihitlerkoalition, ihre historische Wirkung und ihr Scheitern bei der Nachkriegsgestaltung
(Vortrag des Autors am 3. September 2015)
1. Vom westlichen Boykott einer Antihitlerkoalition vor Kriegsbeginn 1939
2. Der Kriegsverlauf und die Völker Europas erzwangen die Antihitlerkoalition
Von der Moskauer Konferenz der Außenminister der UdSSR, USA und Großbritanniens vom 19.–30. Oktober 1943 zu den Treffen der „Großen Drei“ in Teheran (28.11.–01.12.1943),in Jalta (04.–11.02.1945) und Potsdam (17.07.–02.08.1945)
3. Was bleibt von den Beschlüssen in Potsdam 1945?
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LESEPROBE

Vorbemerkung

Die beiden hier behandelten geschichtlichen Ereignisse des 20. Jahrhunderts mit nachhaltig und international wirkenden politischen Dimensionen ins 21. Jahrhundert hinein erfordern ihre Einordnung in die theoretisch mit dem Kommunistischen Manifest von Marx und Engels 1848 eröffnete und mit der Oktoberrevolution in Russland 1917 politisch-konkret eingeleitete Klassenauseinandersetzung zur Ablösung von Kapitalismus/Imperialismus weltweit. Die Auseinandersetzungen um diesen Prozess erreichen in unseren Tagen erneut einen gefährlichen Höhepunkt durch den USA- und NATO-Krieg gegen Syrien.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts forcierten die führenden Industriestaaten Europas, allen voran das kaiserliche Deutschland, eine Neuaufteilung der damaligen kapitalistischen Welt. Deutschland verstand sich immer unverhohlener als Hegemon unter den europäischen Industriestaaten und zielte in Europa sowie gegenüber den Kolonien westeuropäischer Mächte in Afrika, Asien und Lateinamerika auf eine Neustrukturierung der politischen Besitzverhältnisse. Die Neuverteilung der Macht- und Einflussgebiete sollte von 1914 bis 1918 durch den Ersten Weltkrieg im 20. Jahrhundert erfolgen. Diese Pläne der Organisatoren und Hintermänner dieses Vernichtungskrieges wurden durch die Revolution in Russland 1917 gründlich durchkreuzt. Mit der Partei Lenins erhoben die bisher unterprivilegierten sozialen Kräfte des russischen Riesenreiches Ansprüche auf ihre eigene politische Herrschaft. Die erste politische Handlung der neuen russisch-bolschewistischen Regierung im damaligen Petersburg, das „Dekret über den Frieden an alle Regierungen und Völker“, entsetzte die maroden Herrschaftshäuser in Europa, führte jedoch nicht zur Beendigung des Weltkrieges. Dieses Dekret über den Frieden führte unter denen, die sich bisher um egoistischer nationalistischer Vorteile willen untereinander bekämpften, zu neuen und für alle Völker unheilvollen Koalitionsbildungen, die in ihrer inhaltlich antikommunistischen Grundorientierung bis ins Heute hineinreichen.

Eine erste Schlussfolgerung lautet darum: Alle großen und alle kleinen Kriege und der vierzigjährige Kalte Krieg zwischen Ost und West von 1945 bis 1990 hatten/haben direkt oder indirekt mit dem Kampf zwischen Sozialismus und Kapitalismus zu tun bei Fortbestehen der erbarmungslosen Konkurrenzkämpfe zwischen supranationalen Konzernen einerseits, kapitalistischen Staaten andererseits und Entwicklung neuer Formen des Neokolonialismus auf allen Kontinenten.

Bei aller Legitimität jeder Generation von Historikern, die vergangene Geschichte immer wieder auch unter anderen Gesichtspunkten oder durch Auffinden bisher unbekannter Dokumente erneut zu durchforsten, Ursachen und Wirkungen von historischen Geschehen vor, während und nach Kriegen bleiben unverändert, können nicht rückgängig gemacht und nicht ins Gegenteil verkehrt oder ahistorisch umgedeutet werden. Darum wird in beiden nachfolgenden Vorträgen besonderes Augenmerk auf zeitgenössische Hintergründe und Zusammenhänge im Jahr 1945 als konkrete Folgen des Zweiten Weltkrieges im 20. Jahrhundert verwiesen, die

ERSTENS zur Gründung der UNO geführt haben. Die damaligen „Großen Drei“ – Stalin, Roosevelt, Churchill – haben erst Ende 1943 unter dem Druck des Kriegsverlaufs und weltweiter antifaschistischer Befreiungsbewegungen ihre ideologischen Vorbehalte gegeneinander zurückgestellt, um gemeinsam den barbarischen deutschen Hitlerfaschismus militärisch zu besiegen, politisch durch Vernichtung seiner materiellen Quellen für alle Zeiten zu entmachten und seine antisemitische und rassistische völkerverachtende Gesinnung auszurotten.

ZWEITENS: Die in Potsdam von den drei Mächten und Frankreich am 1. August 1945 verabschiedeten Beschlüsse der historischen „Berliner Konferenz“ dienten dem Ziel, nirgendwo wieder Faschismus aufkommen zu lassen. Trotz gezielter Ignoranz der Beschlüsse des Potsdamer Abkommens durch die westlichen Siegermächte und alle bisherigen deutschen Bundesregierungen weisen die Dokumente von Potsdam 1945 auch heute noch immer reale Wege, um die Restaurierung faschistischer Herrschaftsformen weltweit zu stoppen.

Insofern lautet eine zweite Schlussfolgerung:Es wird auch in hundert Jahren nicht umzudeuten sein, dass sich die Westmächte nach Hitlers Einmarsch in Polen am 1. September 1939 politisch und militärisch trotz des Bündnisvertrages Großbritanniens gegenüber Polen vom 25. August 1939 mit militärischer Hilfe zurückhielten. Der Nichtangriffspakt zwischen Hitlerdeutschland und der Sowjetunion vom 23. August 1939 und die moralisch zweideutige Regelung der Besetzung Westpolens durch die Wehrmacht und Ostpolens durch die Rote Armee Mitte September 1939 hätte die Westmächte direkt in den Krieg einbezogen, was sie nicht wollten.

Eine neue internationale Lage war durch Hitlers Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 entstanden. Deutschland musste alle seine Kräfte auf diesen Überfall konzentrieren, das schwächte Deutschland als Konkurrenten um die Weltherrschaft. Aber mehr noch hofften die USA u.a. Großmächte, dass Hitlerdeutschland die ungeliebte sozialistische Sowjetunion vernichten würde. Weder die USA noch Großbritannien sahen zu dieser Zeit einen triftigen Grund, die UdSSR direkt in ihre Antihitlerfont einzubeziehen. Hatten sie im August 1939 alle Möglichkeiten verschenkt, Hitlers Weltherrschaftsdrang zu stoppen, so haben sie einer direkten militärischen Zusammenarbeit erst zugestimmt, als die Rote Armee der UdSSR das eigene Territorium bereits aus eigener Kraft weitgehend befreit hatte und sich direkt zum Marsch nach Berlin anschickte.

Nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten in Europa glaubten die kapitalistischen Führungsmächte, sie könnten den Sozialismus nunmehr als gescheitert zu ihren historischen Akten legen. Die USA erklärten sich „zur einzigen Weltmacht“ (Brzezinski 1997). Unter der „Strategie der Vorherrschaft“ der USA meinte der damalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher im Vorwort zu Brzezinskis Buch, würde, „nach dem Ende der Bipolarität des kalten Krieges … eine stabile Weltordnung im Zeitalter der Globalisierung“ gestaltet werden. Diese „neue“ Weltordnung unter USA- und NATO-Führung ist gegenwärtig durch ca. 30 Kriege gekennzeichnet. In diesen Kriegen geht es nicht um Menschenrechte, sondern um angemaßte USA-Rechte auf Ausschöpfung fremder Bodenschätze und Macht über andere Absatzmärkte. Nicht humanitäre Hilfen stehen im Vordergrund, sondern geopolitische Interessen und Militärstandorte sind die wirklichen Triebkräfte für diese oft „neue Kriege“ genannten Raubzüge eines globalen Machtkartells. Diese Kriege sind Kriegsverbrechen aus niedrigen Beweggründen, juristisch eine staats- und völkerrechtliche Straftat.

Dennoch: Trotz hundertfacher Missachtung der Charta der Vereinten Nationen ist sie im Bewusstsein der Völker immer noch das wichtigste Friedensdokument heute und in Zukunft, um Kriegen Einhalt zu gebieten. Die auf der Generalversammlung der UNO zum 70. Jahrestag der Gründung der UNO am 25. November 2015 verabschiedete „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ atmet ungebrochenes Vertrauen in die Kraft der Völker und ist damit ein Optimismus verbreitendes Dokument, das die Regierungen zum Handeln zwingt.

Insofern sind beide Vorträge auch als Mahnung zu verstehen, sich von berufsmäßigen politischen Scharfmachern nicht den Blick für die wirklichen Zusammenhänge im internationalen politischen Geschehen vernebeln zu lassen. Bestimmte deutsche Eliten möchten Deutschlands hitlerfaschistische Ära am liebsten vergessen machen. Dazu wurden Gleichsetzungen mit Hitler erfunden – mal war es Tito, später Milosewitsch in Jugoslawien, oft ist es Stalin, dann Saddam Hussein im Irak, Gaddafi in Libyen, z.Zt. Assat in Syrien u.a.m. Auf die Frage, wie Kriege verhindert werden können, gibt es m.E. nur eine gültige Antwort: Abschaffung von Forschung, Produktion und Handel von Bomben, Granaten und Massenvernichtungswaffen. Solange sie als Ware auf den Weltmärkten vorrätig sind und gehandelt werden, unterliegen sie dem Verbrauch wie jede andere Ware auf dem Markt. Waffen werden bewusst zum Töten von Menschen entwickelt und produziert, mit Milliardengewinnen verkauft und in Kriegen und militärischen Abenteuern verbraucht. Ohne Waffen wird es keine Kriege mehr geben.

  • Preis: 4.00 €