Montag, 25. März 2019, 19:00 bis 21:00, Helle Panke e.V. – Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin, Kopenhagener Str. 9, 10437 Berlin

Revolutionäre Theorie am Nullpunkt: Die Linie Korsch-Bordiga

Vielfalt sozialistischen Denkens

Karl Korsch (1886-1961) und Amadeo Bordiga (1889-1970) gelten mit ihrer frühen Kritik an der Degeneration der Kommunistischen Internationale und der aufgezwungenen Bolschewisierung aller ihrer Sektionen als Begründer des Linkskommunismus. Das Bündnis zwischen ihren Fraktionen wurde nach 1926 aber nicht vertieft und jede weitere Diskussion durch die hereinbrechende Gewalt von Stalinismus und Faschismus unterdrückt.
Nach dem zweiten Weltkrieg zogen die verfemten Revolutionäre Bilanz: Am 4. September 1950 skizzierte Karl Korsch während einer Diskussion in Zürich „Zehn Thesen über Marxismus heute“. Die später berühmt gewordenen Thesen kann man als kommunistischen Revisionismus des Marxismus verstehen. Dem Marxismus wird das Privileg, die angemessene Theorie revolutionärer Arbeiterbewegungen zu sein, bestritten.
Fast auf den Tag genau zwei Jahre später stellte Amadeo Bordiga auf einer Versammlung der Internationalistischen Kommunistischen Partei in Mailand Thesen zur „historischen 'Invarianz' des Marxismus“ vor. Man erkennt in diesem Text in jeder Zeile die Gegenposition zu Korsch, es ist, als hätte Bordiga direkt auf Korsch geantwortet. Denn Bordiga besteht auf der unbedingten Einheit von kommunistischer Praxis und marxistischer Theorie, jeden Revisionismus verteufelt er geradezu. Er konnte die Thesen von Korsch allerdings gar nicht kennen!
Der Ausgangspunkt von Korsch und Bordiga, so wird zu zeigen sein, war derselbe: der Kampf gegen die bolschewistische Verballhornung der revolutionären Arbeiterbewegung und ihrer Theorie. Doch wie kamen sie dann nach 1945 zu so konträren Positionen? Korschs und Bordigas Thesen im Zusammenhang zu diskutieren, ist mehr als nur ein Akt der historischen Philologie. Beide wussten, dass sie sich am Nullpunkt revolutionärer Theorie befanden. Sie stellten sich - frei von strategischen Erwägungen - der Frage, ob und in welchem Umfang eine revolutionäre Praxis theoriegeleitet zu sein hat. Darin liegt das Unabgegoltene ihrer Thesen: Sie ist bis heute die Zentralfrage des Marxismus geblieben.

Referent: Felix Klopotek (Köln, Journalist u.a. bei konkret, er bereitet zur Zeit eine Anthologie der unveröffentlichten Schriften Roman Rosdolskys vor)

Moderation: Dr. Frank Engster

Kosten: 2,00 Euro

Wo?

Helle Panke e.V. – Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin
Kopenhagener Str. 9
10437 Berlin