Mittwoch, 18. Januar 2017, 19:00 bis 21:00, Helle Panke, Kopenhagener Str. 9, 10437 Berlin

Der Briefwechsel zwischen Roman Rosdolsky und Paul Mattick

Vielfalt sozialistischen Denkens

Der eine hat die "Neue Marx-Lektüre" inspiriert, der andere ist berühmt geworden als Kritiker von Keynes: Roman Rosdolsky (1898-1967) und Paul Mattick (1904-1981) sind im Kanon des Marxismus fest verankert. So fest, dass sie schon wieder in Vergessenheit zu geraten drohen. Man kennt die Titel ihrer Bücher – aber die Geschichte dahinter ist unbekannt. Tatsache ist, dass beide über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte politisch isoliert und verdrängt und ohne Publikationsmöglichkeiten waren. Mattick und Rosdolsky waren in den USA gestrandete Revolutionäre der 1920er Jahre, deren Tradition durch den Stalinismus und den Faschismus in Tateinheit ausgelöscht war. Den Rest besorgte der Antikommunismus des Westens.

Im Januar 1964 nimmt Mattick Kontakt zu Rosdolsky auf. Bis zu Rosdolskys plötzlichem Tod drei Jahre später entspinnt sich ein reger Briefaustausch. Eigentlich trennen sie Welten: Mattick stammt aus der rätekommunistischen Strömung, die sich seit ihrem frühen Ausschluss aus der kommunistischen Internationale als dezidiert antibolschewistisch verstand; Rosdolsky, in den 20er Jahren ein profiliertes Mitglied der westukrainischen KP, war innerhalb der Bewegung bald als Abweichler, der sich gegen Stalins Bolschewisierungspolitik stellte, gebrandmarkt. Zeit seines Lebens bezog er sich positiv auf Lenin..

Als Marginalisierte konnten sie sich nicht den Luxus erlauben, in den Dogmen ihrer Schulen zu verharren. So geht der Briefwechsel von Fragen der Marx-Philologie zur Kritik des Neomarxismus, zur Selbstbefragung der eigenen revolutionären Vergangenheit und zur Einschätzung der US-amerikanischen Arbeiterklasse über. Ihre Briefe zeugen davon, wie das Ringen um die Sache selbst davor bewahrt, den Verstand zu verlieren. Der Briefwechsel ist bis heute nicht veröffentlicht.

Unser Referent Felix Klopotek, der 2014 im Auftrag der Kölner Akademie der Künste der Welt einige Veranstaltungen zu Roman Rosdolsky durchführte und aktuell eine Anthologie der (unveröffentlichten) Schriften Rosdolskys vorbereitet, stieß auf ihn bei seinen Recherchen im Nachlass Rosdolskys.
Moderation: Jenny Simon

Kosten: 2,00 Euro

Wo?

Helle Panke
Kopenhagener Str. 9
10437 Berlin