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Heft 175: Die Zweite Generation

Kinder von antifaschistischen Widerstandskämpfern und Emigranten

Von: Christa Bröcher, Hans Coppi, Irene Fick, Wolfgang Herzberg, Leni López, Helene Maimann, Merilyn Moos, Dieter Nelles, Armin Nolzen, Irene Runge, Heinz Sünker, Klara Tuchscherer

Heft 175: Die Zweite Generation

Reihe "Pankower Vorträge", Heft 175, 2013, A5, 64 S., 3 Euro plus Versand

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Inhalt

Eine Tagung der Nachfahren antifaschistischer Widerstandskämpfer und Emigranten - Vorwort von Hans Coppi und Irene Runge

Dieter Nelles/Armin Nolzen/Heinz Sünker - „Sippenhaft“? Die Diskriminierung sozialistischer und kommunistischer Familien im „Dritten Reich“

Christa Bröcher/Klara Tuchscherer - Kinder des Widerstandes – Antifaschismus als Aufgabe

Merilyn Moos - Das Schweigen durchbrechen

Irene Fick - Die 2. Generation in Großbritannien

Helene Maimann - Die Kinderjause. Zur Geschichte einer marginalisierten Jugend. Interdisziplinäres Forschungsprojekt

Irene Runge - Wir-für-Uns! Ein jüdischer Aufbruch in Ostberlin 1986 und wie es damit weiterging

Wolfgang Herzberg - Verschiedene Wege von Nachkommen der Nazi-Verfolgten aus der DDR

Irene Runge/Leni López - Westexil und DDR. Die Erinnerungen von Emigrantenkindern

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

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AUTORINNEN UND AUTOREN

Christa Bröcher, Enkelin eines Überlebenden der KZ Buchenwald und Sachsenhausen, Lehrerin, Mitbegründerin der Initiative „Kinder des Widerstandes – Antifaschismus als Aufgabe“

Hans Coppi, Dr. phil., Sohn von Widerstandskämpfern, die in Plötzensee hingerichtet wurden, Historiker, Vorsitzender der Berliner VVN-BdA

Irene Fick, London, Tochter von politischen Emigranten aus Deutschland, aktiv in der Bewegung Second Generation Großbritannien

Wolfgang Herzberg, in Leicester als Sohn jüdisch-deutscher Emigranten geboren, Kulturwissenschaftler, Autor

Leni López, geboren in Leeds als Tochter jüdischer Emigranten, die sich dank der britischen Aktion „Kindertransport“ nach England retten konnten. 1950 Übersiedlung in die DDR, Dramaturgin, literarische Übersetzerin, Schlussredakteurin, Mitglied des Jüdischen Kulturvereins bis zu dessen Ende

Helene Maimann, Dr. phil., Wien, in London als Tochter jüdischer Wiener Emigranten geboren, Historikerin, Autorin, Filmemacherin, Dozentin an der Wiener Filmakademie

Merilyn Moos, London, Tochter von politischen Emigranten aus Deutschland, Autorin, aktiv in der Bewegung Second Generation Großbritannien

Dieter Nelles, Dr. phil., Lehrer, Interdisziplinäres Zentrum „Kindheiten. Gesellschaften“ der Bergi-schen Universität Wuppertal

Armin Nolzen, M.A. Geschichte, Interdisziplinäres Zentrum „Kindheiten. Gesellschaften“ der Bergischen Universität Wuppertal

Irene Runge, Dr. phil., in Manhattan als Tochter jüdisch-deutscher Emigranten geboren, Autorin, Mitbegründerin und langjährige Vorsitzende des Jüdischen Kulturvereins Berlin JKV (1989–2009)
Heinz Sünker, Prof. Dr., Leiter des Interdisziplinären Zentrums „Kindheiten. Gesellschaften“ der Bergischen Universität Wuppertal

Klara Tuchscherer, Tochter eines Widerstandskämpfers, Dipl. Bauingenieurin, Mitbegründerin der Initiative „Kinder des Widerstandes – Antifaschismus als Aufgabe“

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Die vorliegende Broschüre enthält für den Druck bearbeitete und erweiterte Beiträge einer Podiumsdiskussion, die am 12. Oktober 2012 den Auftakt zu einer zweitägigen Konferenz zum Thema Die Zweite Generation. Kinder von anti-faschistischen Widerstandskämpfern und Emigranten bildete.

Veranstalter: Helle Panke e.V. – Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin, in Kooperation mit der Berliner VVN-BdA, der Stiftung Haus der Demokratie und Menschenrechte, dem Interdisziplinären Zentrum „Kindheiten. Gesellschaften“ der Bergischen Universität Wuppertal und dem Erziehungswissenschaftlichen Seminar der Universität Frankfurt/Main
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LESEPROBE

Eine Tagung der Nachfahren antifaschistischer Widerstandskämpfer und Emigranten

Bereits die Vorbereitungsgespräche ließen erkennen, dass diese Seite der deutschen Vergangenheit nur gemeinsam erzählt werden kann. Das zweitägige, von der Berliner VVN-BdA einberufene, dank der Kooperation mit Helle Panke ermöglichte Treffen war daher nicht vorrangig der wissenschaftlichen Expertise gewidmet. Die Tagung wurde zum Podium vor allem für die Nachfahren von Antifaschisten, die ihre Erinnerungen und Deutungen vortrugen und davon berichteten, was sie in ihren antifaschistischen Familien erlebt, aber auch vermisst haben. Noch Jahrzehnte danach lasten die Jahre des Faschismus und die unterschiedlichen familiären Erfahrungen des Umgangs mit Widerstand und Verfolgung auf der sogenannten 2. Generation. Deren Vielschichtigkeit wird, das war eine Erkenntnis der Tagung, bei weitem nicht durch diesen Begriff entsprochen. Die Zeitzeugen der Tagung kamen als Kinder von Müttern und Vätern, die innerhalb von Hitlerdeutschland und in ganz Europa Widerstand leisteten oder rechtzeitig ins rettende Exil flüchten konnten, nach Verhaftung, Folter und Deportation 1945 befreit wurden oder erst 1955/56 aus dem sowjetischen Exil in der DDR eintrafen. Die persönlichen, auch akademisch verdichteten Berichte und bewegenden Erinnerungen, immer wieder ergänzt durch Wortmeldungen aus dem Publikum, fügten sich so zu einem bemerkenswerten Bild west- und ostdeutscher und gemeinsamer Geschichte und Gegenwart zusammen.
Dass Geschichte durch persönliche Geschichten getragen wird, ist kein Novum. Auch die Nachfahren jüdischer und nichtjüdischer Antifaschisten knüpften das Band zwischen den elterlichen und den eigenen Biografien, unterschieden nach Geburtsjahren und -orten, politisch nach Ost- und Westdeutschland geteilt. Ihre Kindergegenwart war davon geprägt, nicht selten über Jahrzehnte belastet, was manche zur eigenen politischen Aktivität führte und andere von jeder politischen Handlung Abstand nehmen ließ. Mit dem Film Kinder des Widerstands. Vier Menschen und das Erbe des 20. Juli des promovierten Historikers und Filmemachers Bernhard Pfletschinger wurde die Tagung eröffnet. Ohne Umschweife ging es um die Sicht der 2. Generation auf den Umgang mit dem Widerstand im geteilten Nachkriegsdeutschland. In der Podiumsdebatte sprachen Hans Coppi, Andrée Fischer-Marum und Alice Cyborra, geborene Gingold, über ihre Familiengeschichten, die unterschiedlicher kaum sein konnten. Schon früh kamen Hans Coppi, geboren 1942 in Berlin, Kind von hingerichteten Widerstandskämpfern, und Andrée Fischer-Marum, geboren 1940 in Marseille, Tochter kommunistisch-jüdischer Emigranteneltern, in die SBZ/DDR. Im Zusammenhang mit den stalinistischen Säuberungen der frühen 50er Jahre wurden die Marums mit ihren Kindern aus Berlin in die Provinz verbannt, während Hans Coppi bei den Großeltern aufwuchs, betreut von Kampfgefährten der Eltern. Alice Cyborra berichtete von der Kindheit in Frankfurt/Main, dem politischen Druck und den Denunziationen, denen sie und ihre jüngere Schwester ausgeliefert waren, vom Zusammenhalt der ehemals und wieder verfolgten jüdischen wie nichtjüdischen Kommunisten, und wie das politische Erbe zu ihrer Lebensaufgabe wurde. Bewegend waren die Einwürfe und Zusätze der Zuhörenden, ähnliche und andere Erfahrungen, Schilderungen darüber, wie in der frühen Bundesrepublik Widerstandskämpfer als Vaterlandsverräter angesehen und ausgegrenzt wurden. Die Kinder des 20. Juli hatten im Film Ähnliches berichtet. Sie waren, anders als Kinder von Kommunisten, durch interne Netzwerke aufgefangen worden.
Diese Eindrücke vom ersten Abend begleiteten den zweiten Tag. Wie eine Fortsetzung des Films muteten die Beiträge der Wissenschaftler Heinz Sünker, Armin Nolzen und Dieter Nelles an, die Forschungen über 120 Familien des politischen Widerstands und die Sozialisation des Nachwuchses vor und nach 1945 im Raum Wuppertal vortrugen. Danach berichteten Christa Bröcher und Klara Tuchscherer über die Diskriminierung und erneute Verfolgung ihrer in der VVN organisierten Eltern. Sie hatten sich später wie ihre Eltern überwiegend in politischen Zusammenhängen bewegt. In London, so Merilyn Moos und Irene Fick, sah die Kindheit und Jugend der Nachfahren deutscher Emigranten anders aus, hatte man sich in „second generation“-Netzwerken organisiert. Bei der Suche nach der verschwiegenen Vergangenheit gibt es Ähnlichkeiten und Unterschiede zu deutschen Familien. Helene Maimann kam aus Wien, um ein dortiges Projekt vorzustellen. Sie verdeutlichte den Zusammenhang und den Zusammenhalt von meist jüdischen Emigrantenkindern, die sich vielleicht wegen der stärkeren Politisierung in der Kindheit zu teils einflussreichen Persönlichkeiten im kulturellen Wiener Alltag entwickelten. Eine Form nachträglicher Zusammenführung, so Irene Runge, war der jüdische Treffpunkt „Wir für uns“, der von 1986 bis 1989 bei der Ostberliner Jüdischen Gemeinde die Nachfahren säkularer jüdischer DDR-Kommunisten und Sozialisten vereinte und als JKV nach 1989 vor allem die elterliche 1. Generation bei der Verarbeitung der politischen Wende unterstützte. Wolfgang Herzberg definierte die erforderlichen mentalen Voraussetzungen und Folgen, die dauerhaften Verletzungen und die Unmöglichkeit der Auflösung dieser historischen Widersprüche. Die Nachfahren des sowjetischen Exils sind bereits seit einigen Jahren auf dieser Spur. (Vgl. Pankower Vorträge, Hefte 148 und 167) Von deren Problemen berichtete Oswald Schneidratus, bevor die Tagung mit dem Ausblick auf ein weiteres Projekt der 2. Generation endete. Micha Brumlik und Irene Dieckmann fassten erste Erkenntnisse über die widersprüchliche Alltäglichkeit der Nachfahren jener zusammen, die aus dem westlichen Exil in die DDR kamen, um den Sozialismus auf deutschem Boden zu errichten, benannten Überraschendes und erziehungswissenschaftliche Schwierigkeiten. Wie bei jeder Tagung gab es zustimmende und protestierende Zwischenrufe, intensive Pausengespräche, Umarmungen, gemeinsames Essen, auch scheele Blicke, Freude des Wiedersehens und, dies vor allem, die Chance, von den Lebensgeschichten der anderen zu erfahren, weiter an einem Band zu knüpfen, das von Bestand sein könnte. Der eingeleitete Erkenntnisgewinn dieser Tagung lässt hoffen.

Hans Coppi/Irene Runge

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Dieter Nelles/Armin Nolzen/Heinz Sünker
„Sippenhaft“? Die Diskriminierung sozialistischer und kommunistischer Familien im „Dritten Reich“


I. Einleitung
„Rohere Epochen“, so formulierte es der Soziologe Georg Simmel in seiner Abhandlung „Über sociale Differenzierung“ von 1892, „zeigen durchgängig die Tendenz, die schädigende That des Einzelnen als strafbares Verschulden seines socialen Kreises, der ganzen Familie, des Stammes u.s.w. anzusehen.“[1] Dabei würden „Familienmitglieder, die an dem Vergehen völlig unschuldig sind“, unversehens gemeinsam mit den eigentlichen Delinquenten bestraft. Diese Art und Weise der „Kollektivverantwortlichkeit“, wie Simmel jenes Kapitel überschrieben hat, aus dem das Zitat stammt, ist uns aus der NS-Zeit vertraut. Es war ein durchgängiges Prinzip des NS-Regimes, den politischen Widerstand zu bekämpfen, indem man Familie, Freunde und Bekannte der jeweiligen NS-Gegner in die Verfolgung einbezog. Dies gilt unterschiedslos für Kommunisten, Sozialisten, aber auch für bürgerliche Gruppen und die religiöse Verfolgung etwa der Zeugen Jehovas. Dieses Prinzip der „Sippenhaft“, wie wir es uns zu nennen angewöhnt haben, ist zwar bekannt. Dennoch hat es noch bis Anfang 2012 gedauert, bis sich jemand dieser Thematik in monografischer Form angenommen hat. Dabei handelt es sich um den australischen Historiker Robert Loeffel, der im Wesentlichen den Umgang des NS-Regimes mit den Familien des bürgerlichen und militärischen Widerstands gegen Hitler in seinen Blick nimmt.[2] Das linksradikale Milieu behandelt er jedoch nicht. Im Folgenden geben wir einen Überblick, welchen Diskriminierungsmaßnahmen Familien dieses Milieus nach 1933 ausgesetzt waren.[3] Es geht um die politisch Verfolgten, ihre Ehepartner und Kinder, nicht um Familienangehörige zweiten Grades, Cousins oder weitläufige Verwandte. Den Ausgangspunkt bildet eine Fallstudie zur Stadt Wuppertal, in der die Lebensbedingungen der Kinder von politisch Verfolgten während der NS-Zeit analysiert wurden.[4] Basis des Projekts ist eine Datenbank, in die Personalakten der Staatspolizeileitstelle Düsseldorf, die Verfahrensakten des Oberlandesgerichts Hamm und die Wiedergutmachungsakten der Stadt Wuppertal aus der Zeit nach 1945 eingearbeitet wurden.[5] Hinzu kommen 50 lebensgeschichtliche Interviews mit Kindern ehemaliger Kommunisten und Sozialdemokraten. Zwei Aspekte interessieren uns besonders: erstens die Diskriminierung Wuppertaler Familien aus dem linksradikalen Milieu nach 1933 (II), zweitens die Sozialisation ihrer Kinder und deren Folgen nach 1945 (III).

II. Typologie der Diskriminierung
Aus unseren empirischen Daten lässt sich eine Typologie der Diskriminierung dieser Familien erstellen. Hierbei gab es fünf Formen: erstens körperliche Gewalt, zweitens die Vorenthaltung von Sozialleistungen, drittens Maßnahmen zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz, viertens Zwangsscheidungen und Sorgerechtsentzug und fünftens Überwachung im Alltag.

1) körperliche Gewalt
1933, im ersten Jahr der NS-Herrschaft in Wuppertal, waren die Gegner des Nationalsozialismus im wahrsten Sinne des Wortes „vogelfrei“. Dies lag in erster Linie am ungehemmten Terror der SA gegen die Wuppertaler Arbeiterbewegung.[6] Bis zum Sommer 1933 wurden nachweislich 20 Personen von der SA auf offener Straße ermordet. Ungezählte Opfer wurden in den Folterkellern der SA gequält und lebensgefährlich verletzt. Nach dem Reichstagsbrand vom 28. Februar 1933 wurden in Wuppertal 350 bis 400 politische Gegner, meistens Kommunisten, in „Schutzhaft“ genommen.[7] Im gesamten Jahr 1933 wurden dort schätzungsweise 1.000 bis 1.500 Personen für kürzere oder längere Zeit inhaftiert. Im Deutschen Reich geht man von einer Gesamtzahl von 100.000 Inhaftierten aus.[8] In Wuppertal betrieben Trupps der SA regelrechte Hetzjagden gegen Antifaschisten, führten massenhaft Haussuchungen durch, zerstörten Wohnungseinrichtungen, plünderten Wertgegenstände, bedrohten, nötigten und verletzten Familienangehörige. Viele Kinder mussten die Misshandlungen ihrer Eltern direkt mit ansehen.[9]

2) Vorenthaltung von Sozialleistungen
Gestapo und SA waren bei weitem nicht die einzigen Akteure, die sich mit der Verfolgung sogenannter Gegner des NS-Regimes befassten. Auch die Kommunalverwaltungen spielten dabei eine tragende Rolle. Beim Deutschen Gemeindetag (DGT), der wichtigsten Koordinationsinstanz der NS-Kommunalpolitik, klagten viele Kommunen nach 1933 über finanzielle Mehrbelastungen, die ihnen durch die Leistungen an Angehörige politischer Häftlinge entstanden seien.[10] Manche Kommunen zahlten überhaupt nichts, bis das Reichsinnenministerium im Mai 1933 entschied, dass zumindest Familienangehörige von „Schutzhäftlingen“ von der Fürsorge unterstützt werden müssten. In den Wiedergutmachungsakten heißt es nach 1945: „Das Amt unterstützte nicht die Familien von Hochverrätern.“[11] „Wir wurden von allem ausgeschlossen.“[12] „Meine Frau wurde von sämtlichen Betreuungsstellen wegen meiner Einstellung […] abgewiesen.“[13] „Mein Mann wurde von der Wohlfahrt beerdigt“, schrieb die Frau eines 1933 ermordeten Kommunisten. „Ich erhielt einmalig RM 13 für Trauerkleidung. Das war alles, was die Stadt für uns tat.“[14] In einigen Fällen erhielten die Familien politisch Verfolgter nur den reduzierten Wohlfahrtssatz. Die Frau eines Kommunisten, der als „rückfälliger Schutzhäftling“ galt, erhielt für sich und ihre Kinder eine Wochenunterstützung von 10,65 Reichsmark, was 76 Prozent des Richtsatzes entsprach.[15]
Ein zweiter Bereich der Vorenthaltung von Sozialleistungen betraf die Rentenversicherung. Von den Personen, die 1933 aus politischen Gründen entlassen worden waren, waren die Beamten, die aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 ihren Arbeitsplatz verloren hatten, noch in einer vergleichsweise privilegierten Position. Soweit dies aus den Wiedergutmachungsakten hervorgeht, wurden sie in den vorzeitigen Ruhestand versetzt und erhielten in der Regel 75 Prozent ihrer Ruhegeldbezüge. Es sei kein Zufall, so schrieb der Berliner Rechtsanwalt Ernst Fraenkel in seinem Buch „Der Doppelstaat“, dass das NS-Regime die Prinzipien des Maßnahmenstaates gerade im Sozialversicherungsrecht erstmalig gesetzlich verankert hatte.[16] Er zitierte die Ergänzung zum Sozialversicherungsrecht vom 23. Dezember 1936: „Die Rente ruht, wenn der Berechtigte sich nach dem 30. Januar 1933 in staatsfeindlichem Sinne betätigt hat. Der Reichsminister des Inneren entscheidet im Einvernehmen mit dem Reichsarbeitsminister, ob staatsfeindliche Betätigung vorliegt.“[17] Mit dieser Bestimmung wurde nicht nur rückwirkend Schwerbeschädigten und Invaliden die Rente genommen, wie Fraenkel herausarbeitete, sie brachte auch in vielen Fällen für die Angehörigen einen massiven Einkommensverlust sowie die Abhängigkeit von der staatlichen Fürsorge mit sich. Diese Praxis des Rentenentzuges wandten die Behörden auch schon vor dem Inkrafttreten des Gesetzes rigoros an.[18] In Wuppertal sind dreizehn Fälle bekannt. Der Entzug der Rente erstreckte sich auch auf die Angehörigen verstorbener Gegner der NS-Diktatur. Beispielsweise wurde der Frau eines ermordeten Kommunisten aufgrund der staatsfeindlichen Betätigung ihres Ehemannes die Waisen- und Witwenrente verweigert.[19]

3) Maßnahmen zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz
Weitere Repressionsmaßnahmen des NS-Staates, von denen die Familien politisch Verfolgter betroffen waren, zielten auf die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz ab. Solche Aktionen begannen mit den Angriffen der SA von 1933, die sich ja auch gegen die Verkehrslokale der Arbeiterbewegung richteten. Aus den Akten sind fünf Fälle bekannt, in denen Lokale entweder von der SA zertrümmert oder geschlossen beziehungsweise Inhaber gezwungen wurden, sie an Mitglieder der NSDAP zu vermieten.[20] Mit welchen Methoden man dabei vorging, zeigt der Fall der Sozialdemokratin Maria Runkel, die in Elberfeld die Gaststätte „Zum Reichsbanner“ führte. Nachdem diese zwei Wochen lang geschlossen worden war, setzte die NSDAP einen Pächter ein, der ihr nichts zahlte und 2.000 Reichsmark Schulden hinterließ. Aber nicht nur Gastwirtschaften waren Zielscheiben des SA-Terrors, sondern auch Betriebe, die von bekannten Antifaschisten geführt wurden. Die SA plünderte und schloss einen Schuhmacherbetrieb und einen Waffen- und Zigarrenladen.[21] Ein kommunistischer Bauunternehmer, der nach 1933 ein Jahr in der Illegalität gelebt hatte, fand nach seiner Rückkehr das Geschäft von der Kreishandwerkerschaft geschlossen vor; alle Materialien waren „abhanden gekommen“.[22] Vom Besitzer einer Leihbücherei, dessen Tochter der KPD angehörte, beschlagnahmte die SA 6.000 Bücher.[23] Vom Polizeipräsidium erhielt er die Mitteilung, dass die Bücher auf dem Rathausvorplatz verbrannt worden seien. Ein KPD-Mitglied schrieb nach 1945, dass sein Malergeschäft „durch Schikanen und Boykottierung, hauptsächlich von Seiten der Handwerkerschaft,“ zugrunde gegangen sei.[24] Weil er auf einer Innungsversammlung den „Hitlergruß“ verweigert hatte, wurde der Sozialdemokrat Fritz Brass zweieinhalb Jahre im KZ Buchenwald inhaftiert. Das „Ehrengericht“ der Kreishandwerkerschaft verurteilte den Malermeister zusätzlich zu einer Geldstrafe von 1.000 Reichsmark und erkannte ihm die Meisterrechte sowie das Ausbildungsrecht ab. 1944 verhaftete ihn die Gestapo erneut, und kurze Zeit später „starb“ er im KZ Mauthausen.

4) Zwangsscheidungen und Sorgerechtsentzug
Unter den Schikanen staatlicher Institutionen und Parteistellen litten vor allen Dingen Familien, in denen der inhaftierte Ehemann als „Hochverräter“ galt.[25] Auf deren Frauen übte die Gestapo Druck aus, sich von ihrem Partner scheiden zu lassen. „Ich habe“, schrieb dazu die Frau eines Wuppertaler Kommunisten, „während all der Jahre Haussuchungen erdulden müssen, weiter kamen zahlreiche Verhöre, weiter die Vorladungen zur Gestapo. Man lebte in ständiger Angst. Besonders deprimierend waren die Hinweise von der Gestapo, mich von meinem Mann scheiden zu lassen, da dieser doch nicht lebend zurückkomme. Bei Vorladungen zur Kreisleitung der NSDAP wurde mir die Scheidung ebenfalls nahe gelegt.“[26] Besonders betroffen waren Familien, bei denen einer der beiden Ehepartner aus Angst vor dem NS-Regime emigriert war. Aus zwei Scheidungsurteilen des Wuppertaler Landgerichts geht hervor, dass die Emigranten nach § 1567 BGB („böslicher Verlassung“) und § 1568 BGB („ehrloses Verhalten“) geschieden wurden.[27] In einem Urteil von 1939 heißt es, der emigrierte Ehepartner habe „durch ehrloses und unsittliches Verhalten die Ehe schuldhaft so tief zerrüttet, dass die Wiederherstellung einer ihrem Wesen entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann“.[28] In diesen Fällen hatten die in die Niederlande emigrierten Männer selbst zur Scheidung geraten, denn einer Ehefrau war die städtische Wohnung gekündigt, der anderen die Beihilfe für die vier Kinder gestrichen worden. Insgesamt wurden in Wuppertal 37 Ehen geschieden; in 22 Fällen kam die Scheidung auf Druck von Gestapo und NSDAP zustande. Zwölf dieser Fälle bezogen sich auf Emigranten.

Neben den Aufforderungen zur Scheidung war besonders die Androhung mit dem Entzug des Sorgerechts für die gemeinsamen Kinder ein wirksames Druckmittel der NS-Machthaber. „Auch wurde mir erklärt, beim Weiterbestehen der Ehe würden mir die vier Kinder entzogen.“[29] Ob diese Drohung von der Gestapo, den Fürsorgebehörden oder den NS-Organisationen ausging, ist in den meisten Fällen aus den Akten nicht zu rekonstruieren. Diese Maßnahme wurde vor allem bei der Verfolgung der Zeugen Jehovas angewandt. Bei politisch Verfolgten in Wuppertal sind lediglich drei Fälle bekannt. Ein Beispiel: Siegfried G.s Vater war 1933 von der SA ermordet worden. Die Mutter erhielt keine Wohlfahrtsunterstützung und war gezwungen, selbst arbeiten zu gehen, um ihre minderjährigen Kinder zu ernähren. G. wurde 1938 in eine Erziehungsanstalt eingewiesen. In seinem Antrag auf Wiedergutmachung schrieb er dazu: „Ich bin nun, als ich älter wurde, von diesen Vorgängen [Ermordung des Vaters] unterrichtet worden und habe Äußerungen getan, die nach nationalsozialistischer Auffassung staatsfeindlich waren. Die kleinsten Delikte meinerseits wurden als größte Verbrechen hingestellt. Äußerungen wie: ,Ich werde meinen Vater rächen‘ brachten mich zur Beobachtung am 31. August 1938 in die Anstalt Uellendahl.“[30] Er war in mehreren Erziehungsanstalten, wo er mit Fußtritten und Stockschlägen misshandelt wurde.

5) Überwachung und Kontrolle im Alltag
Die Familien politisch Verfolgter waren auch das Ziel besonderer Maßnahmen der Überwachung und Kontrolle. Dabei spielte der Begriff „Betreuung“ eine wichtige Rolle.[31] Dieser beinhaltete zwei Aspekte: Einschüchterung der Menschen durch „negative“ Sanktion und die „positive“ Ermöglichung von Integration, freilich um den Preis von Anpassung und Wohlverhalten. Auf der institutionellen Ebene waren es die Partei, ihre Gliederungen und angeschlossenen Verbände, die für die „Betreuung“ der Bevölkerung zuständig waren. Für den hier erörterten Zusammenhang ist die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV), der zu Beginn des Zweiten Weltkrieges knapp 15 Millionen Menschen angehörten, besonders wichtig.[32] Aber auch andere NS-Organisationen beteiligten sich daran, die Angehörigen des politischen Widerstands nicht mehr aus den Augen zu lassen. Unter den Betroffenen entstand dadurch das Gefühl, sie befänden sich unter permanenter Beobachtung offizieller Instanzen. Einige Beispiele mögen dies verdeutlichen:
„Bei der Firma Bemberg wurde ich von SS-Mann Meyer von 1937 bis 1945 Tag und Nacht verfolgt. Meyer sagte jeden Tag zu mir. Heder, du Kommunist, du Schwein, du minderwertiger Mensch, du gehörst ins KZ, oder er sagte, du kommst noch dahin, wo du 1933 vorbeigekommen bist. Ich kaufte einmal kein Abzeichen der NSV, da sagte Meyer, das sei das letzte Mal, dann gehst du ab.“[33] „Niemals waren wir in Ruhe, immer fühlten wir uns verfolgt und bespitzelt. Als wir 1938 […] verzogen, ließen die Aufregungen nach und meine Mutter wurde auch nicht mehr vorgeladen. 1941 allerdings teilte uns der damalige Zellenleiter […] mit, dass wir uns auf der Liste als staatsfeindlich eingestellt befänden. Da man uns aber soweit nichts nachweisen konnte, ließ man uns in Ruhe.“[34]

III. Sozialisation der Kinder

1) Das Eindringen der Verfolgungsinstanzen in die Privatsphäre
Wie wuchsen nun die Kinder aus den Familien des sozialistischen Milieus nach 1933 auf und wie verarbeiteten sie diese Erfahrungen?[35] Die Verhaftung des Vaters, der Mutter oder von beiden bedeutete für die Kinder eine tiefe Verunsicherung. Zum einen war die Situation geprägt durch den Verlust und die plötzliche Trennung von den wichtigsten Bezugspersonen. Zum anderen erlebten die Kinder, dass ihre Eltern gegenüber der Willkür des NS-Regimes schutzlos waren. Eine besondere Ausnahmesituation für die Kinder stellte die erste Verfolgung der Eltern dar, wenn die Gestapo oder andere NS-Organisationen in den eigenen privaten Bereich eindrangen. Das rief ein Gefühl der völligen Schutzlosigkeit hervor. Zerstörte die SA in der Regel dabei das Eigentum der Familien, so suchten die Gestapo- oder Kripobeamten lediglich nach belastendem Material, ohne sich hierbei allzu vandalistisch zu gerieren. Freilich waren die Auswirkungen auf die kindliche Psyche ähnlich. Durch viele Interviews zieht sich der Topos der Angst, wenn es zu einer unerwarteten Zeit an der Tür schellte.
In vielen Fällen kamen Vater und Mutter verändert aus der Haft zurück. In Wuppertal war die Inhaftierung durch SA oder Gestapo meistens mit schweren Misshandlungen verbunden. Wir wissen heute, welche zerstörerischen Folgen die Folter für die Persönlichkeitsstruktur des Menschen hat. Dies wirkte sich auch auf die Kinder aus, die häufig erleben mussten, dass ihre Eltern als „gebrochene“ Menschen aus der Haft wiederkehrten. Auch wenn aus naheliegenden Gründen nur ganz wenige Eltern mit ihren Kindern über ihre Tortur sprachen, wussten die Kinder aus vagen Andeutungen oder den nächtlichen Schreien in den Albträumen der Eltern, dass diesen Schreckliches widerfahren war. Unter diesen Umständen war das Familienleben Spannungen ausgesetzt. Dies war besonders dort der Fall, wo keine gemeinsamen weltanschaulichen Überzeugungen vorhanden waren und der verfolgte Ehepartner für die Misere der Familie verantwortlich gemacht wurde. Zudem reduzierten sich die persönlichen Beziehungen oft nur noch auf den engsten Familienkreis. Diese dramatischen Veränderungen vollzogen sich vor dem Hintergrund einer öffentlichen Hetzpropaganda, bei der die Eltern als „Volksverräter“ diffamiert wurden. Deshalb sprachen die Kinder, wenn überhaupt, nur mit den engsten Freunden oder Freundinnen über ihre Situation. Denn den meisten Kindern wurde aus Vorsichtsgründen eingeimpft, nie etwas von der Familie zu erzählen. Viele zogen sich daher innerlich zurück.

2) Nachbarschaft und Milieu
Welche Rolle spielten Nachbarschaft und Milieu nun für die „Kinder des Widerstands“? Dies hing natürlich entscheidend davon ab, in welchem Stadtteil die Familien wohnten. In ehemals „roten“ Quartiermilieus wurden die Familien von politisch Verfolgten nur selten oder gar nicht diskriminiert. Denunziantentum war hier verpönt. So bemerkte eine Fürsorgerin über eine Straße, die in der Weimarer Republik den höchsten Anteil von KPD-Stimmen in Wuppertal auf sich vereinigt hatte, dass Erkundigungen in der Nachbarschaft dort generell sehr „schwierig“ seien.[36] Anders sah es hingegen in Vierteln mit einem hohen Anteil von NSDAP-Mitgliedern aus. Ein Mann, der in einem Gartenhaus wohnte, das an ein bürgerliches Wohnviertel grenzte, berichtete: „Im Lauf der Hitlerzeit bin ich auf der Straße von Nazi-Anhängern mehrmals geschlagen worden. Meiner einsam gelegenen Wohnung wurden von der Hitlerjugend die Scheiben eingeworfen. Auf der Türe Beleidigungen geschrieben. Kot aus der Latrine an Klinke und Türe geschmiert. Durch die Türe uriniert. Diese Belästigungen wurden jahrelang getrieben.“[37] Auch wenn es sich hierbei um von NS-Verbänden organisierte Übergriffe handelte, ist doch zu betonen, dass sich HJ, SA und andere paramilitärische Kampfbünde weitaus öfter auf bürgerlichem Terrain bewegten. In dezidierten Arbeitervierteln war die öffentliche Präsenz weitaus geringer, was nicht zuletzt damit zusammenhing, dass man dort nur wenige Aktivisten aus den Milieus rekrutiert hatte.

3) Schule und Hitlerjugend (HJ)
Das deutsche Schulsystem wurde durch Hitlers Machtantritt zunächst nicht grundsätzlich verändert. Lediglich die sogenannten Freien Schulen und die reformpädagogisch orientierten Schulen wurden aufgelöst; die Schulen in konfessioneller Trägerschaft blieben dagegen bestehen. Wuppertal war in der Weimarer Republik eine der Hochburgen der Freien Schulen, die vor allem von Kindern überzeugter Sozialdemokraten und Kommunisten besucht wurden.[38] Bereits zu Ostern 1933 durften diese den Nationalsozialisten besonders verhassten „sozialistischen Schulen“ keine Schüler mehr aufnehmen. Bis zum 1. April 1934 wurden von den insgesamt zwölf Freien Schulen in Wuppertal acht in evangelische umgewandelt und vier aufgelöst. Damit verbunden waren die Abschaffung der Koedukation und die Wiedereinführung von Religion als Schulfach. Dies stellte für einen großen Teil der hier in Betracht kommenden Jahrgänge 1919/20 bis 1926 einen Einschnitt in ihrer schulischen Sozialisation dar, da sie bei Lehrern und Mitschülern als die Kinder der „Roten“ galten und zum Teil auch so behandelt wurden. So berichtete der aus einer sozialdemokratischen Familie in Wuppertal stammende, ehemalige ÖTV-Vor-sitzende Heinz Kluncker, dass er nach dem Wechsel zur evangelischen Volksschule auf ein Podest klettern musste und der Lehrer zu den Mitschülern sagte: „Seht ihn euch an, das ist der ungläubige Thomas.“[39] Über seinen Status in der neuen Schule sagte er: „Ich konnte also keine neuen Beziehungen aufbauen, war der Aussätzige, stigmatisiert.“
Aus den Akten und den Interviews wissen wir von einer Reihe von Fällen, in denen die Kinder politisch Verfolgter in der Schule allen möglichen Diskriminierungen ausgesetzt waren. Eine Mutter berichtete nach 1945: „Meine jüngste Tochter war trotz Drohungen seitens des Lehrers Stecker nicht in den BDM [Bund deutscher Mädel] zu zwingen und war deshalb geächtet und kein Kind durfte auf Anordnung des Lehrers Streckers mehr mit ihr sprechen.“[40] Der Sohn des KPD-Vorsitzenden in Wuppertal wurde nach Aussagen einer Mitschülerin fast täglich verprügelt, ohne dass seine Klassenkameraden wussten, warum dies geschah. Ein Lehrer beschimpfte ein Mädchen und ihre Freundin als „Kommunistenbande“. Ein anderes Mädchen, das der Lehrerin leise die Verhaftung von Mutter und Bruder mitteilte, musste dies laut vor der ganzen Klasse wiederholen. Ein anderes Mädchen musste alle möglichen Dienste für den Lehrer erledigen. Auf die Frage, warum, erhielt sie die Antwort: „Kinder solcher Eltern haben nichts anderes verdient.“ Ein Junge musste sich im Unterricht anhören, dass sein Vater auch so ein „Volksverräter“ sei.
Neben dieser offenen erlebten die Kinder auch subtilere Formen der Diskriminierung. Sie wurden etwa von ihren Lehrern geschnitten, erhielten schlechtere Noten oder wurden nur mit Nachnamen angeredet. Ob es sich dabei um Ausnahmen oder um die Regel handelte, ist schwer zu beurteilen, zumal es auch mitfühlende Gesten von Lehrern gab, die die Kinder ganz bewusst schützten. Aber allein die permanente Indoktrination in der Schule gab vielen Kindern das Gefühl, Außenseiter zu sein. Allerdings hielten sich einzelne Lehrer damit auch zurück. Von den von uns interviewten ehemaligen Kindern, die vor 1924 geboren waren, gehörten die meisten nicht der HJ oder dem BDM an. Auch wenn sie den Kontakt zu Gruppen von Gleichaltrigen vermissten, war für diese Jugendlichen, die die Verhaftung und auch die Misshandlung ihrer Eltern miterlebt hatten, die Mitgliedschaft in der HJ tabu. „Das war in meinem Kopf so prägnant, diese Verhaftungen, dass ich gesagt habe, also da kannst du nicht irgendwo noch von dieser Partei aus, von den Nazis aus in irgendeine Organisation gehen. Das wäre ja praktisch ein Schlag in das Gesicht meiner Eltern gewesen. Da hatte ich nie dieses Empfinden oder Gedanken daran verloren, das muss ich sagen.“ Und auch bei einigen Jüngeren gelang es den Eltern, die Kinder dem HJ-Dienst zu entziehen, obwohl seit dem März 1939 den Erziehungsberechtigten bei Nicht-Anmeldung ihrer Kinder mit Strafe gedroht wurde. Die Nicht-Mitgliedschaft in der HJ war aber auch schon vorher mit Nachteilen verbunden. Seit 1933 vermittelte das Arbeitsamt nur den Jugendlichen Lehrstellen, die Mitglied der HJ waren. Da es in Wuppertal bis 1936 weitaus mehr Bewerber als Lehrstellen gab, erhielten die Jugendlichen, die nicht das Glück hatten, über private Kontakte zu verfügen, keine Ausbildung. Darüber hinaus waren die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung für Jugendliche, die nicht in der HJ waren, stark eingeschränkt.
Andere Jugendliche wären gerne einmal zu Heimabenden der HJ oder des BDM gegangen, taten es aber nicht aus Rücksicht auf die Eltern. Einige Interviewte haben an ihre Zeit in Jungvolk und HJ durchaus positive Erinnerungen, soweit es sich um kind- und jugendgemäße Aktivitäten wie Wanderungen und Sport handelte. Und einige litten auch darunter, dass ihre Eltern ihnen keine Uniform kaufen wollten oder konnten. Insgesamt ergibt sich zur Frage der Mitgliedschaft in HJ und BDM ein widersprüchliches Bild. Zum einen schickte ein nicht unbedeutender Teil der Eltern die Kinder ganz bewusst in die HJ, um nicht wieder auffällig zu werden. Zum anderen gab es Eltern, die mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln versuchten, ihre Kinder vom HJ-Dienst zu befreien. Eine Minderheit von Kindern politisch Verfolgter schloss sich den informellen Gruppen der „Edelweißpiraten“ an, die sich dem Drill der HJ entziehen wollten.[41]

4) Erfahrung und Verarbeitung nach 1945
Es bedarf keiner näheren Begründung, dass die Inhaftierung von Vater oder Mutter oder beiden für die meisten Kinder einen traumatischen Einschnitt in ihrem Leben bedeutete. Und das umso mehr, wenn sie Augenzeugen von brutalen Misshandlungen gegen ihre Eltern wurden oder diese gar ermordet wurden bzw. in der Haft verstarben. Die Verarbeitung dieser Erfahrungen war unter anderen Faktoren abhängig vom Alter der Heranwachsenden, vom Grad der Repression gegen die Eltern, von den Reaktionen des unmittelbaren sozialen Umfelds und vor allem vom Verhalten ihrer unmittelbaren Bezugspersonen. Im Folgenden wollen wir nur einige Aspekte benennen.

a) Die Erfahrung der Armut und der Benachteiligung
Armut und Elend waren prägende Erfahrungen, die in den Interviews immer wieder zur Sprache kommen. Soweit die Angehörigen der politisch Verfolgten keine Unterstützung aus dem Milieu erhielten, kämpften sie buchstäblich ums nackte Überleben. Dabei war es selbstverständlich, dass viele Kinder zum Familienunterhalt beitragen mussten und für den Haushalt und die Versorgung der jüngeren Geschwister verantwortlich waren. Mit dem Gefühl der Entbehrung ging einher, dass Kinder von politisch Verfolgten kaum einmal eine weiterführende Schule besuchten oder einen Beruf erlernten. Soweit es ihnen nicht gelang, dies nach dem Krieg nachzuholen, ist dieses Gefühl der Benachteiligung bis auf den heutigen Tag präsent.

b) Angst und Unsicherheit
„Wir haben ewig in einer Zwangsjacke“ gelebt. „Der Zwang immer, das war furchtbar.“ Mit diesen Worten drücken ehemalige Kinder von Verfolgten die Angst und Unsicherheit aus, die sie während der gesamten Zeit des „Dritten Reiches“ begleitete. Jedes unerwartete Klingeln an der Haustür war unter diesen Umständen ein Schockerlebnis. Viele Eltern schärften ihren Kindern daher ein, „anständig“ und „ordentlich“ zu sein, nichts zu erzählen und nicht aufzufallen. Dahinter stand die Angst, entweder wieder selbst verhaftet zu werden oder die Kinder an die Fürsorgeerziehung zu verlieren. Interessanterweise verlor sich das Gefühl bei einigen der von uns interviewten Männer, als sie Soldaten wurden. Zwar hatten sie dort auch Angst, aber diese teilten sie mit ihren Kameraden. Und obwohl es mehrere Hinweise darauf gibt, dass die politische Gesinnung ihrer Eltern in ihrer Personalakte stand, wurden sie dort in der Regel nicht diskriminiert. Dies soll keinesfalls so verstanden werden, als wären die von uns interviewten Männer gerne Soldaten gewesen. Im Gegenteil, unter den Interviewten findet sich immerhin ein Deserteur. Aber die meisten desertierten nicht, weil sie Folgen für die Familie fürchteten. „Das hieß dann, die ganze Sippe würde ausgewischt.“
Das Gefühl der Unsicherheit und der eigenen „Minderwertigkeit“ betraf vor allem Kinder, die nicht über den politischen Hintergrund der Eltern aufgeklärt waren. Für viele jüngere Kinder waren gewisse Ereignisse erst aus der Nachkriegsperspektive erklärbar. Sie spürten, dass bei ihnen etwas anders war, wussten aber nicht, was. Dieser Zwiespalt war besonders stark ausgeprägt, wenn die Eltern aus Angst, Unsicherheit und Überforderung autoritär auf die Fragen der Kinder reagierten. „Es hat nie irgendeine Erklärung gegeben, warum was so ist. Es wurde mit harter Hand regiert, und im Nachhinein weiß ich auch, warum meine Mutter so reagiert hat, aber damals war ich immer nur ziemlich panisch. Es hagelte immer Ohrfeigen.“ Unsicherheit herrschte am wenigsten bei Personen, die über den politischen Standpunkt ihrer Eltern informiert waren und außerhalb des engeren Familienkreises ein solidarisches Umfeld besaßen.

c) Die Tendenz, die eigenen Leiden zu minimieren
Bei vielen Kindern politisch Verfolgter gibt es eine Tendenz, eigene Leiden gegenüber denen der Eltern zu minimieren. Obwohl uns viele Kinder erzählten, sie hätten keine Kindheit gehabt, wollten sie meist nicht als Verfolgte gelten. Sie sind es aber dennoch, auch wenn die Verfolgung nicht ihnen direkt, sondern ihren Eltern galt. Die meisten Kinder politisch Verfolgter mussten schon sehr früh eine Verantwortung übernehmen, die für ihr Alter eigentlich zu groß war. Dieses „übersteigerte“ Verantwortungsgefühl wirkt bei vielen bis heute nach. Durch die Entdeckung der eigenen Stärke in besonders schwerer Zeit entwickelten sie aber auch ein Selbstbewusstsein, das ihnen später zugute kam. Dies gilt besonders für einige der von uns interviewten Frauen, die in ihrem Beruf, in Gewerkschaften und in der Politik führende Positionen einnahmen.

d) Entfremdung von den Eltern
Wenn Elternteile wegen einer Verhaftung von ihren Familien getrennt wurden, entwickelte sich manchmal kein Verhältnis des persönlichen Vertrauens, oder bestehende emotionale Bindungen konnten nicht aufrechterhalten werden. Wenn die Väter nach langer Abwesenheit aus der Haft zurückkehrten, hatten sie sich zuweilen von ihren Kindern entfremdet. Infolgedessen wurden einige der Väter nicht mehr als Bezugspersonen akzeptiert und manchmal sogar für das Elend der Mutter und der Familie verantwortlich gemacht. War das Verhältnis zwischen den Elternteilen und ihren Kindern derart entfremdet, lag es nahe, dass die Kinder den politischen Hintergrund der Eltern ablehnten und sich vielleicht Affinitäten zu den NS-Jugendorganisationen herausbildeten.

e) Das Verhältnis zur Politik in der Nachkriegszeit
Auf die Frage, warum sich eine Person politisch engagiert oder nicht, lassen sich unterschiedliche Antworten geben. Bei den Kindern von politisch Verfolgten ist dies nicht der Fall. Sowohl bei denen, die in die Fußstapfen der Eltern traten und sich nach 1945 politisch engagierten als auch bei denjenigen, die eine politische Betätigung radikal ablehnten, ist dies ganz und gar durch ihre Erlebnisse und Erfahrungen während des „Dritten Reiches“ bestimmt. Nach unserem Eindruck bilden diejenigen, die sich politisch engagierten, eine Minderheit. Vorherrschender ist die Tendenz, mit Politik nichts mehr zu tun haben zu wollen. Diese radikale Ablehnung politischen Engagements ist jedoch nicht nur aus ihren Erfahrungen der NS-Zeit zu verstehen, sondern auch durch die Akzeptanz und Bewertung des Widerstands in der Nachkriegszeit. Emmy Meixner-Wülker schreibt von einer „bleibenden seelischen Verletzung“, die der „Kommunistenstempel für Demokraten“ bei ihr angerichtet habe.[42] Erst das Interesse der jüngeren Generation am linken Widerstand und dessen positive Bewertung durch Medien und Politiker haben ihr die Sicherheit gegeben, über ihre Erlebnisse zu sprechen.

IV. Schlussbetrachtung
Seit dem 30. Januar 1933 bezog das NS-Regime systematisch Angehörige von Kommunisten und Sozialdemokraten in die Repressionsmaßnahmen ein. Deren Palette war sehr breit. Sie umfasste Gewaltaktionen gegen Angehörige politisch Verfolgter, die Vorenthaltung von Sozialleistungen, die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz, Zwangsscheidungen und Sorgerechtsentzug sowie Überwachung und Kontrolle im Alltag. Jede dieser fünf Formen familiärer Verfolgung ging mit weiteren Diskriminierungsmöglichkeiten einher, die noch genauer auszuleuchten wären. Für viele dieser Maßnahmen fehlte teils die gesetzliche Grundlage, teils wurde sie nachträglich geschaffen. Das hervorstechendste Merkmal dieser familiären Verfolgung war sicherlich, dass die gesamten Repressionsmaßnahmen nur auf ein sehr schmales Segment der Betroffenen angewendet wurden, und zwar auf die kommunistischen Familien, deren Angehörige als nicht mehr „besserungsfähig“ galten. Bei der überwiegenden Mehrheit der aus dem Arbeitermilieu Verfolgten praktizierten die NS-Institutionen eher eine Nadelstichpolitik und stellten immer auch Integrationsangebote bereit, die in der Regel auch angenommen wurden. Das wohl wichtigste dieser Angebote bestand in der Möglichkeit für Männer, Soldat zu werden. Für viele unter den Wuppertaler Verfolgten war das verlockend, und viele Männer beantragten nach ihrer Haftentlassung die „Wiedererlangung der Wehrwürdigkeit“. Heer, Luftwaffe und Kriegsmarine stellten überdies soziale Leistungen bereit, die den Familienangehörigen zugute kamen. Die Kehrseite bestand natürlich darin, dass man sich als Soldat an der „Ostfront“ dem dort praktizierten Vernichtungskrieg nur schwer entziehen konnte. Die Geschichte der Familienangehörigen des Wuppertaler Widerstands ist voller solcher Ambivalenzen, also erlittener Diskriminierung bei gleichzeitiger eilfertiger Anpassung. Sie zeigt, wie erfolgreich das NS-Regime dabei war, Terror und Repression nur punktuell anzuwenden und zugleich immer auch Inklusion anzubieten.
Die Herrschaftstechnik des NS-Regimes, Familienangehörige von Widerstandskämpfern in die Verfolgung einzubeziehen, ist bislang nur für ein schmales Segment der NS-Militärjustiz und für die Ereignisse nach dem 20. Juli 1944 untersucht worden.[43] Dafür hat sich, in Anlehnung an das nach dem 20. Juli 1944 im Reichssicherheitshauptamt neu eingerichtete Referat IV a 6c, der Terminus „Sippenhaft“ eingebürgert. Damit ist in erster Linie die Verhaftung von mehr als 200 Verwandten der Attentäter des 20. Juli 1944 gemeint, welche in der eingangs erwähnten Arbeit von Robert Loeffel analysiert wird. Bezieht man die kommunistische und sozialdemokratische Opposition systematisch in eine Analyse des NS-Terrors ein, so wird deutlich, dass der Begriff „Sippenhaft“ unzureichend ist. Zum einen evoziert er die irrige Vorstellung, es habe sich dabei um eine Maßnahme gehandelt, die den Polizei- und Strafverfolgungsbehörden oblag. Terror und Diskriminierung der betreffenden Familien gingen jedoch von einem Netzwerk der Verfolgung aus, zu dem alle öffentlichen Behörden des NS-Staates zählten.[44] Zum anderen ging es bei der Verfolgung nicht nur um die „Sippe“, also um Familienangehörige. Vielmehr wurde versucht, die kommunistischen und sozialdemokratischen Milieus selbst zu zerschlagen, und zwar mittels einer Methode, bei der direkte Repression die Ausnahme, forcierte Anpassung die Regel bildete. Bei beiden Bereichen standen nicht die politischen Gegner als solche im Mittelpunkt, Terror und Integrationsangebote konnten immer die gesamte Familie betreffen. Wir schlagen daher vor, mit dem Begriff des Soziologen Georg Simmel von „Kollektivverantwortlichkeit“ zu sprechen. Dem NS-Regime ging es darum, die Aktivitäten einzelner Angehöriger der Arbeiterbewegung, ob Mandatsträger der Parteien oder Gewerkschaftsfunktionäre, auf ihre Familien als ein Kollektiv hochzurechnen. Jedoch war dieses Vorgehen nicht NS-spezifisch. Wir kennen Ähnliches nicht nur aus „den roheren Epochen“ des Altertums und des Mittelalters, worauf Simmel anspielte. Die Praxis der Kollektivverantwortlichkeit ist für viele andere moderne Diktaturen nachzuweisen, sei es für Italien unter Benito Mussolini, für Franco-Spanien oder die stalinistische Sowjetunion.[45] Es bedarf vergleichender Analysen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten. Ohne späteren Untersuchungen vorgreifen zu wollen, sei abschließend ein aus unserer Sicht wichtiger Unterschied betont. Dieser bestand darin, dass das NS-Regime dem politischen Widerstand, der unter die „Kollektivverantwortlichkeit“ fiel, immer auch Integrationsmöglichkeiten eröffnete. Es saß nicht auf den Bajonetten und praktizierte keinen unterschiedslosen Terror ohne Ansehen der Person. Die NS-Institutionen kontrollierten das Alltagsverhalten genau, sie führten darüber Buch, wer die notwendigen Anpassungsleistungen erbrachte und wer nicht, sie bestraften und belohnten beziehungsweise verwehrten oder eröffneten soziale Aufstiegsmöglichkeiten. Generell hielten sie große Teile des politischen Widerstands für resozialisierbar. Ohnehin gab es nur zwei Gruppen unter ihren sogenannten Gegnern, für die dies nicht galt: die „Zeugen Jehovas“ und die Juden.

[1] Georg Simmel, Über sociale Differenzierung, in: ders., Gesamtausgabe, hg. v. Otthein Rammstedt, 24 Bde., Frankfurt am Main 1989–2012, hier: Bd. 2, S. 109–295, bes. S. 139.
[2] Dazu und zum Folgenden Robert Loeffel, Family Punishment in Nazi Germany. Sippenhaft, Terror, and Myth, Basingstoke/New York 2012, S. 1–52.
[3] Zum Begriff Detlef Schmiechen-Ackermann, Nationalsozialismus und Arbeitermilieus. Der nationalsozialistische Angriff auf die proletarischen Wohnquartiere und die Reaktion in den sozialistischen Vereinen, Bonn 1998, S. 48.
[4] Eine Beschreibung dieses Projektes findet sich in: Dieter Nelles/Hartmut Rübner/Heinz Sünker, Die „Kinder des Widerstands“. Lebensbedingungen und Sozialisation der Kinder von politisch und religiös Verfolgten des NS-Regimes, in: Neue Praxis. Zeitschrift für Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Sozialpolitik 33 (2003), S. 341–357.
[5] http://www.ns-verfolgung.uni-wuppertal.de. Danach auch das Folgende.
[6] Dazu einige Beispiele in: Stadtarchiv (StdtA) Wuppertal, Wiedergutmachungsakten, Nr. 11071 u. 76475. Generell Ulrich Klein, SA-Terror und Bevölkerung in Wuppertal 1933/34, in Detlev Peukert/Jürgen Reulecke (Hg.), Die Reihen fast geschlossen. Beiträge zur Geschichte des Alltags unterm Nationalsozialismus, Wuppertal 1981, S. 45–61.
[7] Zur „Schutzhaft“ als polizeilichem Mittel Christoph Graf, Politische Polizei zwischen Demokratie und Diktatur. Die Entwicklung der preußischen Politischen Polizei zum Staatsschutzorgan der Weimarer Republik zum Geheimen Staatspolizeiamt des Dritten Reiches, Berlin 1983, S. 255–262.
[8] Peter Longerich, Geschichte der SA, München 2003 (Paperback), S. 172.
[9] Siehe die Vorgänge in: Hauptstaatsarchiv Düsseldorf (HStADüs), R 5/1268.
[10] Dazu die Vorgänge in: Bundesarchiv Berlin, R 36/839. Zum hohen Stellenwert des DGT bei der antijüdischen Politik siehe Wolf Gruner, Öffentliche Wohlfahrt und Judenverfolgung. Wechselwirkungen lokaler und zentraler Politik im NS-Staat (1933–1942), München 2002, S. 36–41.
[11] StdtA Wuppertal, Wiedergutmachungsakten, Nr. 12027.

  • Preis: 4.00 €
  • Pb
  • Erscheinungsjahr: 2013