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Heft 100: Opposition und Widerstand

Eine historische Betrachtung politischer Gegnerschaft in Deutschland seit 1945

Von: Bernd Florath

Heft 100: Opposition und Widerstand

Reihe "hefte zur ddr-geschichte", Heft 100, 2006, 60 S., A5, 3 Euro plus Versand

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Reihe "hefte zur ddr-geschichte", Heft 100, 2006, 60 S., A5, 3 Euro plus Versand

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INHALT

Einleitung

1. Opposition und Widerstand nach 1945
a) Westzonen
b) SBZ
2. Opposition und Widerstand 1949–1961
a) Bundesrepublik Deutschland
b) DDR
3. Opposition und Widerstand 1961–1969/71
a) Bundesrepublik
b) DDR
4. Neuformierungen von Opposition 1971–1990
a) DDR 1971–1976
b) Bundesrepublik 1971–1990
c) DDR 1976–1989/90
5. Die demokratische Revolution in der DDR 1989/90
6. Opposition in Deutschland seit 1989/90
Literaturverzeichnis
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LESEPROBE

Einleitung[1]

Opposition, Widerstand, Dissidenz, Abweichung, Nonkonformität, Resistenz, ziviler Ungehorsam, Protest und Widerspruch bezeichnen verschiedene Formenpolitischer Gegnerschaft von Einzelnen oder Gruppen, die sich gegen die Politik der Regierung richten. Die historische Betrachtung politischer Gegnerschaft ist in Deutschland in erster Linie durch die Debatte über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus geprägt. (Broszat 1981; Steinbach 2001) Besonders in den Jahren seit der demokratischen Revolution in der DDR 1989/90 wurden die am Beispiel des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus gebildeten Kategorien durch jene erweitert, ergänzt und modifiziert, die das Material aus der Geschichte politischer Gegnerschaft in der DDR anbot. (Bramke 1994; Euchner 1993; Eckert 1995; Kleßmann 1996; Steinbach 1996) Noch stehen vergleichende Untersuchungen zwischen diesen beiden Oppositionsgeschichten und der der Bundesrepublik aus. Diesem Vergleich scheint nicht allein die Schwierigkeit der deutsch-deutschen Parallelgeschichte (Kleßmann, Misselwitz, Wichert 1999; Wentker 2005), sondern auch der Befund entgegenzustehen, dass die qualitative Differenz politischer Gegnerschaft in zwei gegensätzlichen diktatorischen Regimes einerseits und in einer freiheitlichen Demokratie andrerseits methodisch und begrifflich bislang noch unbefriedigend beschrieben wurde.

Insofern die verschiedenen Formen politischer Gegnerschaft sich nicht erklären lassen ohne Rekonstruktion herrschender Politik, bleibt ihre Beschreibung im Kern immer ein abgeleitetes Phänomen. Hingegen wäre die Beschreibung konkreter politischer Richtungen, die für einen nicht unerheblichen Zeitraum ihrer Existenz faktisch in der Opposition waren, ein gänzlich anderer Ansatz, dem hier aber aus prinzipiellen Gründen nicht gefolgt werden kann. Die Geschichten des Sozialismus oder der Menschenrechtsbewegungen, der Friedens- und Bürgerrechtsbewegungen sind nicht zugleich Oppositionsgeschichten an sich, es sei denn, man wollte behaupten, dass sie ihrem Wesen nach mehrheits- und regierungsunfähig seien.

Die Beschreibung politischer Gegnerschaft muss deshalb zwangsläufig ex negativo erfolgen, gleichermaßen als Spiegel, in dem sich die jeweils herrschende Politik in ihren Alternativen abbildet. Diese Abbildung muss solange negativ bleiben, wie sich die Substanz der Gegnerschaft in der Ablehnung erschöpft. Sie wird positiv dort, wo aus der politischen Gegnerschaft heraus alternative politische Konzepte und Handlungsmethoden erwachsen.

Die Beschreibung politischer Gegnerschaft erfasst verschiedene Ebenen, deren Zuordnung zu bestimmten terminologischen Beschreibungen hier lediglich in der Form des Versuchs erfolgen soll. Im ihrem Kern lässt sich politische Gegnerschaft, weil sie sich gegen die politische Macht – unabhängig von deren Verfassungsform – richtet, immer auch auf den Versuch des Individuums zurückführen, sich einzeln oder gemeinschaftlich gegen die Eingrenzung, Verweigerung oder den Raub seiner Rechte zur Wehr zu setzen.Der Unterscheidung der Stellung des Individuums zum Staat zwischen seinem Status (a) negativus, (b) activus resp. (c) positivus folgend (Jellinek 1963), richtet sich Gegnerschaft (a) auf die Aufrechterhaltung der individuellen Freiheitsrechte gegen die Ansprüche und Eingriffe des Staates in die Individualsphäre, (b) auf die Erlangung und Erweiterung politischer Partizipation des Individuums an der res publica und schließlich (c) auf die Einforderung ausgleichender sozialer Leistungen des Gemeinwesens als Ausdruck öffentlicher Wohlfahrt. Diese auf Freiheit des Bürgers gegen den Staat gerichteten Aktivitäten sind gleichsam das Gegenbild zur Hobbesschen Bestimmung der Freiheit des Staates, dessen Freiheit „genaugenommen das Fehlen von Widerstand“ bedeutet (Hobbes 1978, 181) – eine Bestimmung, die in ihrer Logik zum ebenso abgegriffenen wie unbegriffenen Diktum Hegels führt, dass Freiheit Einsicht in die Notwendigkeit sei.

Neben diesen endogenen Ausgangspunkten von Gegnerschaft sind – insbesondere im hier zu untersuchenden Gegenstand – auch exogene zu beschreiben. Exogen meint im Unterschied zum Rekurs auf die verschiedenen Aspekte der Menschen- und Bürgerrechte gegenüber dem Staat den Rekurs auf zeitlich oder räumlich außerhalb der gegebenen Ordnung liegende Verhältnisse, d.h. auf frühere Zustände (die virtuelle Vertretung vorheriger Staatsordnung) resp. den auf eine andere gleichzeitige Gesellschaftsordnung, der im Verhältnis der Oppositionen in beiden deutschen Staaten zwischen 1945/49 und 1989/90 von außerordentlicher Bedeutung war. Darüber hinaus sind Bezüge von Gegnern auf transzendente Zustände religiöser oder utopischer Alternativen zur tatsächlichen Verfasstheit des Gemeinwesens zu beachten.

Die unterschiedlichen Ebenen der Betrachtung sind im realhistorischen Kontext indes lediglich analytisch zu trennen. Keiner der genannten Ausgangspunkte tritt isoliert von anderen auf, endogene Faktoren werden in der Regel von exogenen begleitet und umgekehrt, systemimmanente Gegnerschaft trägt transzendierende Elemente ebenso in sich, wie systemsprengende sich systemimmanente Anknüpfungspunkte suchen muss.

Andrerseits widerstreiten sich auch die Akteure der Opposition und des Widerstandes untereinander, je nachdem ob im Zentrum ihres Handelns eher die Verteidigung des Status negativus, die Erringung oder Erweiterung des Status activus oder positivus stehen. Im Bemühen, den individuellen Freiraum gegen die Eingriffe des Staates zu bewahren, wird häufig mehr oder minder bewusst auf die Erweiterung des status activus verzichtet, ja das Ansinnen Oppositioneller auf Anteilnahme an der Opposition nur als Gefährdung des status negativus begriffen.

Widerstand und Opposition richten sich sowohl auf die Verfasstheit des jeweiligen Staates wie auf einzelne Politiken (sog. issue-orientierte Oppositionen). Bestritten wird indes die Rechtmäßigkeit des Widerstands in demokratisch verfassten Staaten, hier sei Widerstand auch in Einzelfragen illegitim (Kriele 1984, 102 f.; Euchner 1983).

Wer Opposition als bloßes Akzidens politisch verfasster Gemeinwesen denkt, irrt bzw. kommt über deren nur obrigkeitsstaatliche Bestimmung nicht hinaus. Zumindest in demokratischen Verfassungen ist ihr legaler Platz in den Grundgesetzen verankert. (Hagen 1990, 138, 169; Buckmiller, Perels 1998) Dies erscheint freilich nur allzu häufig als ein schieres Postulat, das auf dem Wege zur Realisierung am universellen Geltungsanspruch der die Staatsmacht stellenden politischen Gruppen zerschellt.

Die Frage nach der Opposition stellt zugleich die Frage nach deren Grenzen, d.h. nach jener Ebene gemeinsamer Werte, die regierende Gruppen und Opposition vereint resp. trennt, sowie nach der Substanz der gesellschaftlichen und politischen Gegensätze, die eine solche gemeinsame Ebene durchbrechen und die von den Herrschenden definierten Werte als partikulare hinstellen. Opposition kann als ihren Zweck Alternativen zur jeweils konkreten Politik der Regierenden entwickeln, die sich keineswegs außerhalb des gegebenen politischen (Verfassungs-)Rahmens bewegen. Ist der Bezugsrahmen der Opposition indes nicht dieser politische Rahmen, sondern sind es jenseits dessen definierte politische Zwecke, seien dies Zwecke ethnischer (oder gar rassistisch beschriebener) Exklusivität, religiös-ethische Sondervorstellungen, oder aus einer bestimmten Vorstellung über den notwendigen Verlauf der Geschichte gewonnene transzendente Ideen, so generieren die sich an diesen Optionen politisch organisierenden Kräfte eine Systemopposition, deren Regierungsübernahme die verfassungsmäßige Ordnung selbst infrage stellt. Das sich hieraus entwickelnde Dilemma besteht darin, dass der Anschein besteht, die Verfassung könne gegen eine solche Herausforderung nur noch mit extralegalen Mitteln aufrechterhalten werden.

Darüber hinaus stellt Opposition in dieser Allgemeinheit nur eine negative Bestimmung dar, die impliziert, dass jeweils konkrete Oppositionen nicht nur gegen die Herrschenden, sondern selbst zueinander resp. untereinander in Opposition stehen können.

In der historischen und politikwissenschaftlichen Forschung der jüngeren Vergangenheit wird eine Unterscheidung zwischen Opposition, Widerstand sowie anderer, abgeschwächter Formen zur herrschenden Politik, Kultur, Ideologie im Widerspruch stehenden Verhaltens nicht unwesentlich an juristischen Formen fest gemacht. „O[pposition]. bezeichnet politische Gegnerschaft, die in W[iderstand]. umschlägt, wo ihr die Möglichkeit zu legaler Entfaltung genommen wird.“ (DDR-Handbuch 1985, 954)[2] Opposition ist demnach legales Handeln gegen die Regierenden, Widerstand illegales. Logisch folgt aus dieser Begriffsbestimmung, dass diktatorische Gemeinwesen in der Regel Opposition gar nicht kennen können, was ironischerweise deren Selbstbild bestätigt. (Fricke 1971; 1984; 2000; Kowalczuk 1995a; 1999; Knabe 1996; Eckert 1996) Problematisch an dieser Unterscheidung bleibt zweierlei: 1. Aus ihr wird nicht deutlich, an welchem Legalitätsbegriff sie sich orientiert: Gerade für die Beschreibung von Oppositionen in Nicht-Rechtsstaaten eignet sich aber eine rechtlich orientierte Definition kaum, insofern das geschriebene Recht zwar in den Traditionen formalen Rechtes verfasst sein kann, im politischen Konfliktfall aber in Sinne einer Kadijustiz angewandt wird. Das Recht auf freie Meinungsäußerung fand sich selbst noch in der DDR-Verfassung von 1968, die Interpretation des Artikels 27 war freilich strittig, seine praktische Bedeutung beschränkte sich auf die Geduldigkeit des bedruckten Papiers. Dennoch berufen sich Oppositionelle mit ihren Aktionen der achtziger Jahre explizit auf den Verfassungstext und agieren, als gälte er tatsächlich.

Der totalitäre Anspruch moderner Diktaturen, bis in die letzten Winkel des Gemeinwesens zu reichen, gibt zugleich dem bloßen, an tradierten Gebräuchen orientierten Verhalten einen bereits politischen Charakter, wo er den Intentionen der Herrschenden widerspricht. Die in der Widerstandsforschung eingeführte Vokabel der Resistenz (Broszat 1981) – deren Universalisierung freilich schon an der Hürde der simplen Übersetzung in andre Sprachen scheitert – versucht dieses Phänomen zu verbalisieren, bleibt aber weiterhin umstritten.

Die Diskussion unterscheidet einerseits zwischen legalen (Opposition) und illegalen (Widerstand) regierungsfeindlichen Formen des Handelns resp. von Formen, die einen systemimmanenten Gegensatz zum Ausdruck bringen (Opposition resp. Dissidenz) oder einen systemsprengenden (Widerstand). Beide Unterscheidungen strengen Kriterien an, die sich aus den Debatten über das Widerstandsrecht einerseits und denen über politische Opposition verabschieden, da sie sich ausschließlich auf die Spezialfälle diktatorischer Gesellschaften konzentrieren. Da es sich in der hier anstehenden Untersuchung aber um die vergleichende Betrachtung eines diktatorischen und eines demokratischen Regimes handelt, ist eine begrifflich weitere Ausgangsüberlegung notwendig.

Auch der häufig unternommene Rückgriff auf Repressionsgeschichte als Indikator für Opposition und Widerstand kann nicht als indirekte Annäherung an die Problematik dienen, da sich Terror in modernen Diktaturen nicht ausschließlich gegen politische Gegner der Regime richtet. Die Tatsache, dass Menschen Repressionen unterlagen, Opfer von Terror wurden, sagt über ihre politische Haltung zum Regime nichts aus. Sie können aus rassistischen, sozialen, ja auch zufälligen Gründen in die Maschinerie der Unterdrückung geraten sein, ohne dass sie auch nur im Entferntesten daran gedacht hatten, sich der gebotenen politischen Obedience zu verweigern. Insofern beweist die Existenz des Terrors nicht zwingend die von Opposition, auch wenn immer wieder dieser Zusammenhang aufscheint (z.B. Enquete I, 1995, I, 563).

Es soll im Folgenden verstanden werden:

unter Opposition die Gesamtheit der der Regierung gegenüberstehenden politisch alternativen Gestaltungsoptionen, die in ihrer jeweiligen Konkretheit differenzierte, ja zueinander selbst gegensätzliche Oppositionen bilden;

unter Widerstand das Handeln und Verhalten gegenüber konkretem politischem Handeln der Regierung unter Berufung auf ältere oder als höher geltend definierte Rechte, die Verweigerung des Eingriffs des Staates in den Bereich tradierten Eigensinns.

Im Rahmen des parlamentarischen Systems gehörte in der Bundesrepublik Opposition zur politischen Normalität. Hier sind über die verschiedenen Konstruktionen von Regierungsmehrheiten und der inhaltlichen Differenz der verschiedenen Parteien eher jene politisch sich wandelnden Gewichtungen zu betrachten, die von der klaren Polarisierung zweier gegensätzlicher parlamentarischer Lager bis zur Etablierung einer auf dem Patt dieser Lager beruhenden großen Koalition, die keiner nennenswerten parlamentarischen Opposition mehr ausgesetzt ist, reichen. Die anfänglich noch vorhandene nationalsozialistische und die revolutionär-kommunistische Systemopposition verlor – begleitet von Parteiverboten – im Laufe des ersten Jahrzehnts an Relevanz.

Außerparlamentarisch etablierten sich verschiedene oppositionelle Richtungen, die auf Partizipation am parlamentarischen System der Demokratie zielten. Von diesen schaffte es allerdings lediglich eine Partei – Die Grünen –, sich dauerhaft im Parlament zu etablieren. Die PDS, die als Rechtsnachfolger der SED entstanden, in den ostdeutschen Bundesländern über eine beträchtliche politische Verankerung verfügt, konnte dieses Potential nicht hinreichend stabilisieren, so dass es ihr 2002 misslang, die gesamtdeutsche Hürde von fünf Prozent der Wählerstimmen auf sich zu vereinen.

Widerstand gegen die Entstehung der Bundesrepublik und deren historisch konkrete Entwicklung formierte sich im Wesentlichen aus zwei Richtungen: Einerseits suchten antidemokratisch konservative, nationalistische und nazistische Kräfte die Entwicklung und Entfaltung der freiheitlichen Demokratie durch autoritäre und diktatorische Verhältnisse zu ersetzen. Diese Richtungen konnten sich nicht selten auf etatistische Strömungen innerhalb der regierenden Mehrheiten stützen, zumindest aber deren stillschweigende Duldung genießen.[3] Auf der anderen Seite strebten revolutionäre Gruppen unterschiedlicher Ausrichtung den Sturz der bürgerlichen Demokratie und ihre Ersetzung durch eine kommunistische Diktatur an. Diese Kräfte genossen z.T. Unterstützung aus der DDR bzw. der UdSSR oder andern kommunistischen Staaten wie China oder Albanien.

Die Darstellung der Geschichte von Widerstand und Opposition in der deutschen Nachkriegsgeschichte kann nicht unterstellen, dass es sich hierbei um eine gemeinsame Geschichte handelt. Schon in der Ausgangslage, die durch den sehr verschiedenen Charakter der Besatzungsmächte gekennzeichnet ist, beginnen sich die Entwicklungen in beiden Teilen des Landes in qualitativ verschiedene Richtungen zu entwickeln. Dabei bleiben bestimmte Gemeinsamkeiten durchaus bestehen: Insofern die Zuspitzung des Kalten Krieges auf die Stärkung staatlicher Macht gegen die Gesellschaft hinauslaufende Entwicklungen fördert, werden überall emanzipatorische, freiheitliche und libertäre Tendenzen marginalisiert.

Darüber hinaus bewirkt die Stellung beider deutscher Staaten als Musterschüler der jeweiligen Führungsmächte ihres Blocks, dass sie bestimmte Teile der Opposition im anderen Landesteil als Verlängerung der eigenen Politik ansehen, ja selbst faktisch die stärkste Oppositionskraft zur anderen Regierung bilden. Dies untergräbt die Eigenständigkeit der endogenen Oppositionen, die sich ihre Position zumeist erarbeiten müssen. Umgekehrt entsteht faktische Kooperation der beiden Regierungen, wenn es um die Schwächung von Oppositionen geht, die sowohl dem System der Bundesrepublik als auch dem der DDR eigene Konzepte entgegenstellen. Sie werden in der Regel nur dann und solange von einer Seite akzeptiert, wie sie als politisches Argument gegen den andern Staat brauchbar sind.

Die Darstellung muss folglich zwischen beiden Staaten springen, um einerseits die wechselseitigen Bedingtheiten fassen zu können, andrerseits die jeweilige Eigenlogik nicht der Konstruktion einer anscheinend gesamtdeutschen Geschichte zu opfern. (Wentker 2005)

[1] Dieser Text orientiert sich an meinem Beitrag im „Handbuch deutsche Zeitgeschichte“. Vgl. Bernd Florath: Opposition und Widerstand. In: Clemens Burrichter/Detlef Nakath/Gerd-Rüdiger Stephan (Hrsg.): Deutsche Zeitgeschichte von 1945 bis 2000. Gesellschaft – Staat – Politik. Ein Handbuch. Berlin 2006.
[2] Das Handbuch folgt hier der Unterscheidung seines Mitarbeiters Karl Wilhelm Fricke, die dieser bereits 1964 getroffen hatte: „Opposition aber wird zum Widerstand, wo ihr die Chance genommen ist, sich legal zu entfalten.“ – Fricke 1964, 12.
[3] So protegierte der maßgebliche Verfassungskommentator des Grundgesetzes (Theodor Maunz, Günter Dürig, Roman Herzog, Rupert Scholz u.a., Grundgesetz. Loseblatt-Kommentar, München 2004), Theodor Maunz, (Vgl. Müller 1987; Roellecke 1994; KJ 1998) die rechtsextremistische DVU und publizierte in der Nazizeitung „National- und Soldatenzeitung“. Bundespräsident Roman Herzog, selbst Schüler von Maunz, bezeichnete diesen dennoch als einen der „mit Sicherheit […] beherrschenden Verfassungsrechtler der Bundesrepublik Deutschland, man kann auch sagen, er hat das demokratische Verfassungsrecht der Bundesrepublik mitgeprägt“. Herzog selbst lehnt die Interpretation des Art. 139 GG als Staatszielbestimmung der Bundesrepublik, die sich gegen den Nationalsozialismus richtet, ab: „Abzulehnen ist insbesondere der Versuch, ihn als ‚Grundsatzaussage über die Haltung des GG gegenüber nationalsozialistischen und verwandten (z.B. faschistischen) Staatsauffassungen‘ anzusehen und insoweit natürlich fortgelten zu lassen.“

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