Ernst Bloch und die DDR-Dissidenten der siebziger Jahre
Elemente seines utopischen Denkens bei Rudolf Bahro, Wolfgang Harich und Robert Havemann
Von 1949 bis 1961 lebte und wirkte der Philosoph Ernst Bloch in Leipzig.
Als nahezu Unbekannter eingereist, wurde er innerhalb weniger Jahre zum
wohl wichtigsten Denker der jungen DDR und geriet schließlich mit der
SED in Konflikt. Während seiner 12 Jahre in der DDR veröffentlichte
Bloch u.a. sein Hauptwerk "Das Prinzip Hoffnung" – eine Geschichte des
utopischen Denkens, verknüpft mit einem praxisphilosophischen Imperativ.
Blochs
Lesart der 11. Feuerbachthese von Marx, wonach die Philosophen die Welt
nur verschieden interpretiert hätten und es doch auf deren Veränderung
ankäme, war einer der zentralen Konflikte zwischen ihm und den
Dogmatikern des Marxismus-Leninismus (ML). Unter anderem ging es dabei
um die Rolle des Subjekts in der Geschichte; in einer Geschichte, die
Bloch nicht deterministisch als quasi automatische Entwicklung hin zum
Kommunismus verstand. Das Subjekt nahm in seiner Hoffnungsphilosophie
eine weitaus größere Rolle ein als in der Ideologie der SED. Gleichfalls
trifft dies auch auf das Utopische und die Utopie zu, die Bloch als
Motor der Geschichte betrachtete, während Vertreter des ML sie als
vormarxistisch diskreditierten.
Die Aufwertung des Subjekts findet
sich auch in den utopischen Schriften späterer Querdenker wie Rudolf
Bahro oder Robert Havemann. Sie knüpften zudem an Blochs Forderung an,
die Utopie als Mittel der Transformation in das marxistische Denken zu
(re-)integrieren. Eine utopische Schrift verfasste nicht zuletzt auch
Wolfgang Harich, der Blochs Kollege bei der "Deutschen Zeitschrift für
Philosophie" in den 1950er Jahren gewesen war.
In dem Vortrag werden
das Wirken und Denken Blochs in der DDR nachgezeichnet und Elemente
seiner Utopie und Philosophie in den Schriften der genannten
marxistischen SED-Kritiker herausgearbeitet und verglichen.