Donnerstag, 26. November 2015, 19:00 bis 22:00, //:about blank, Markgrafendamm 24c, 10245 Berlin

50 Jahre "Mao-Bibel"

Ein Abend zu Kulturrevolution und Maoismus

Junge Panke

Red Guards

Die "Mao-Bibel" ist neben dem "Kommunistischen Manifest" das in der Druckauflage weit verbreiteste Schriftstück aus der sozialistischen Tradition. Seit seiner Entstehung 1965 beträgt die weltweite Auflage mittlerweile etwa eine Milliarde.
Sich heute mit den "Worten des Vorsitzenden" zu beschäftigen, ist vor allem wegen seiner Rezeption und früheren Anhängern interessant. Nicht nur Millionen Chinesen lasen und verehrten dieses Büchlein während der Kulturrevolution, sondern auch antiautoritäre StudentInnen, Linksradikale und Intellektuelle während des Aufbruchs um 1968 in Europa. Denker wie Michel Foucault oder der Maler Jörg Immendorff waren von den Gedanken der Kulturrevolution begeistert und engagierten sich in maoistischen Gruppen. Viele der wichtigsten Grünen haben eine Vergangenheit in einer maoistischen Partei. Auch namhafte "Renegaten" der Linken oder prominente Neokonservative haben eine maoistische Geschichte.
Heute ist der Maoismus in der europäischen Linken weitgehend tot und gilt eher als linke Skurrilität früherer Jahre. Dabei sind einige Gedanken, z. B. zur Aufgabe von Bildung, zur Frage, wie eine Partei beschaffen sein sollte oder zur Kulturpolitik, zumindest als Fragestellung noch aktuell.
Wir wollen uns an diesem Junge-Panke-Abend zum 50. Geburtstag der "Mao-Bibel" mit der Geschichte, Rezeption und Wirkungsmacht von Kulturrevolution und Maoismus beschäftigen.

Einlass: 18:30 Uhr - Beginn 19:00 Uhr

Referenten: Prof. Dr. Felix Wemheuer (Sinologe, Uni Köln) und Thomas Ebermann

Knapp 150 Besucherinnen und Besucher strömten zum letzen Junge Panke Abend im Jahr 2015 in den Technoclub //:about blank.
Dort folgten sie dem guten Einstiegsreferat von Prof. Dr. Felix Wemheuer und den autobiographischen Anmerkungen von Thomas Ebermann.

In den folgenden Beiträgen wurde im Vorfeld auf den Junge Panke Abend aufmerksam gemacht:

Interview mit dem "Hate-Magazin"

Die Junge Panke lädt am Donnerstag Abend zu “50 Jahre Mao-Bibel” ins about blank ein. Warum, wieso und weshalb das heute noch interessant ist, haben wir den Veranstalter Fabian Kunow gefragt.

HATE: Ihr feiert am Donnerstag den 50. Geburtstag der Mao-Bibel. Warum findet Ihr es wichtig, eine Veranstaltung dazu zu machen?
Fabian Kunow: Die Junge Panke beschäftigt sich mit linker Kritik, mit ihrer Geschichte und auch mit den Weggabelungen, an denen sich Denkweisen verändert haben. Da ist die Mao-Bibel als Dokument des Bruchs in der Bewegung sehr interessant. In den 70er Jahren war der Maoismus in der europäischen Linken wichtig und dominant, doch ist dann auch relativ schnell vorübergegangen. Wir wollen die Frage stellen, warum das so war, denn „ein Kommunist darf auf keinen Fall rechthaberisch und arrogant sein und glauben, dass bei ihm alles gut und bei anderen alles schlecht sei“. Das war übrigens ein Mao-Zitat!

HATE: Sollte man nochmal in die Mao-Bibel reinschauen? Steht vielleicht sogar ein Neo-Maoismus bevor?
Kunow: Das glaube ich nicht. Ich finde an der Mao-Bibel und der Kulturrevolution die Rezeption viel spannender als das, was letztendlich in diesem Büchlein drin steht. Das sind ja nur viele kleine Weisheiten. Interessanter ist doch die Frage, warum so viele Linke in Westeuropa, aber auch in der damaligen, sogenannten „3. Welt” – vom Philosophen Michel Foucault über Künstler und Fußballer wie Paul Breitner bis hin zu den Militanten der Stadtguerilla – sich damals auf Mao bezogen haben. Ohne maoistische K-Gruppen gäbe es sicherlich keine Grüne Partei. Es geht uns also nicht darum einen Neomaoismus ins Leben zu rufen, sondern linksradikales Denken früher Generationen von Aktivist_innen nachzuvollziehen. Auch wenn vieles davon aus heutiger Perspektive total verrückt ist, ist es Teil unserer Ideengeschichte. Der Maoismus gehört zur Vielfalt des sozialistischen Denkens. Vieles von dem dem, was im China von Mao passierte, ist abscheulich und kritikwürdig. Trotzdem hatten “Die Worte des großen Vorsitzenden“, so der eigentliche Titel der Mao-Bibel, ja eine enorme Strahlkraft.

HATE: Warum war das so?
Kunow: Der Maoismus war eine Gegenbewegung. Man hatte in den 70er-Jahren verstanden, dass die Sowjetunion nicht der ultimative Verbündete sein kann und auch, dass das sowjetische Modell nicht unbedingt nachahmenswert ist. Teile der europäischen Linke hatten kapiert, dass eine fortschrittliche Gesellschaft nicht einfach nur durch den Austausch der Eliten herbeigeführt werden kann und da taugte natürlich die Kulturrevolution als Vorbild. Der Maoismus wurde als Schablone für die antikolonialen Kämpfe in Vietnam oder Afrika verwendet. Sicherlich war da auch vieles Projektion oder es ging um Abgrenzung zu den legalistischen kommunistischen Parteien in Westeuropa, die nicht mehr auf Revolution, sondern auf den parlamentarischen Weg gesetzt hatten, den sogenannten Eurokommunismus.

HATE: Wen habt ihr denn eingeladen?
Kunow: Zunächst wird Felix Wemheuer sprechen. Wemheuser ist Professor für Sinologie an der Uni Köln und beschäftigt sich viel mit dem heutigen China, aber auch mit dem Maoismus und der Rezeption Chinas in anderen Ländern. Dazu haben wir noch Thomas Ebermann eingeladen, weil er eine relativ typische, deutsche Maoisten-Biografie hat. Er war Mitglied in einer K-Gruppe und wollte als grünes Gründungsmitglied die deutsche Parteienlandschaft verändert, aber im Gegensatz zu anderen Ex-Maoisten hat Ebermann eben nicht Karriere gemacht, sondern ist ausgetreten und kritisiert weiterhin von außen. Er ist ein interessanter Zeitzeuge.

HATE: Wird es auch um China heute gehen?
Kunow: Maximal am Rande. Ich finde China zwar interessant, weil dort die neoliberale Grundannahme, dass der Staat kann keinen gesellschaftlichen und vor allem ökonomischen Fortschritt organisieren kann, als Lüge entlarvt wird. Wir wollen uns am Donnerstag Abend im „about blank“ vor allem der geschichtlichen und kulturellen Aufarbeitung des Maoismus widmen und uns selber sowieso hoffentlich vielen Interessierten einen kleinen Einblick in ein nahezu verschwundenes Thema geben.

“50 Jahre “Mao-Bibel” – Ein Abend zu Kulturrevolution und Maoismus” findet am Donnerstag (26.11.) im about blank in Berlin-Friedrichshain statt.

und

Artikel im Neuen Deutschland vom 21. November 2015.

Darin wird mit Verweis auf unsere Veranstaltung vom Autor Christian Y. Schmidt der Werdegang (und heutige Umgang mit ihrer maoistischen Geschichte) von Prominenten und Politikern des rot-grünen Milieues beschrieben.

Fabian Kunow
Kosten: 2,00 Euro / ermäßigt 1,00 Euro

Wo?

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Markgrafendamm 24c
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